Grundlagen der Börsenkursbildung am Beispiel des Terminhandelsbereichs der Moskauer Börse

Vasiliy Sokolov | 27 Juni, 2016

Inhalt


Einleitung

Mitte 2011 erhielt die Handelsplattform MetaTrader 5 die Zulassung zu der heute mit der Moskauer Interbankendevisenbörse MICEX zur Moskauer Börse verschmolzenen Börse mit dem Namen Russisches Handelssystem, kurz RTS. Das war zweifelsfrei ein zeichensetzendes Ereignis. Es hat zahlreichen Börsenhändlern die Möglichkeit eröffnet, sich im Devisenhandel zu versuchen, ohne dabei auf die Nutzung der alt bekannten und zuverlässigen MetaTrader-Anwendung verzichten zu müssen. Zudem hat sich erst kürzlich ein anderes bedeutsames Ereignis zugetragen: MetaTrader 5 ist jetzt auch im Devisenbereich der Moskauer Börse verfügbar, und über diese Plattform können Devisenkassageschäfte mit echten Währungen auf einem transparenten Börsenhandelsplatz abgewickelt werden.

Ungeachtet dieser einschneidenden Ereignisse ist der Börsenhandel in den Vorstellungen vieler, vor allem von Devisenhändlern, nach wie vor von einer Aura des Geheimnisvollen und Nebulösen umgeben. Der hier vorliegende Beitrag soll diesen Nebel lichten. Er ist das Ergebnis der aufwendigen Maßnahmen zur Schaffung des Programms HedgeTerminal. Es handelt sich dabei um ein besonderes System innerhalb von MetaTrader 5, das den Händlern die bequeme Ausführung von Handelsoperationen unter den Bedingungen einer Börsenumgebung ermöglichen soll.

Dieses Material ist ein guter Ausgangspunkt für das Studium des Börsenhandels. Es bildet lediglich das Fundament, sodass erfahrene Devisenhändler hier kaum etwas Neues erfahren werden. Allerdings wissen wir aus Gesprächen gerade mit erfahrenen Händlern, dass sich zahlreiche simple „Börsenwahrheiten“ für sie als Neuland erweisen. Ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt besteht darin, dass die Informationen zu den Besonderheiten des Börsenhandels über zahlreiche Verzweigungen des Internets verstreut, schlecht systematisiert und nicht nachzuvollziehen sind. Außerdem lässt sich zu zahlreichen Nuancen überhaupt keine Beschreibung finden. Deshalb ist eine einheitliche systematisierte und nachvollziehbare Informationsquelle so wichtig. Ich hoffe, dass der hier vorliegende Beitrag zu eben dieser Quelle werden kann.

Es werden äußerst ausführliche Beschreibungen des Ablauf des Börsenhandels sowie der theoretischen Fragen der Kursbildung und der bei der Verrechnung angewandten Rechenverfahren gegeben und allen zugänglich gemacht. Der Artikel ist nicht mit Formeln überfrachtet, und auf Programmcode in der Programmiersprache MQL5, der die Materialien zu diesem Thema so häufig dominiert, wurde vollständig verzichtet. Es war meine Absicht, das Material in möglichst verständlicher Form zu präsentieren. Es kommt einem gleich der Aphorismus aus dem Vorwort zu Stephen Hawkings Buch Eine kurze Geschichte der Zeit in den Sinn:

„Man hat mir gesagt, dass jede Gleichung in dem Buch die Verkaufszahlen halbiert. Ich beschloss also, auf mathematische Formeln ganz zu verzichten. Schließlich habe ich doch eine Ausnahme gemacht: Es handelt sich um die berühmte Einsteinsche Formel E=mc². Ich hoffe, dies wird nicht die Hälfte meiner potentiellen Leser verschrecken.“

So werden auch wir, dem Beispiel des berühmten Physikers folgend, alles Überflüssige aus unserem Beitrag entfernen, um uns ausschließlich auf die wichtigsten Aspekte zu konzentrieren, die wir nicht anhand von Formeln und Programmcode vorstellen werden, sondern mithilfe von Schaubildern, Diagrammen und Tabellen. Aber zu sehr vereinfachen werden wir auch wieder nicht.

Das in diesem Beitrag vorgestellte Material verlangt dem Leser zu seiner Aneignung einiges ab. Dieser Beitrag ist keine Belletristik. Er muss aufmerksam gelesen werden.


Kapitel 1. Die Theorie der Börsenkursbildung

1.1. Verkäufer

Wie auf jedem gewöhnlichen Markt, gibt es an der Börse sowohl eine große Zahl Verkäufer, die ein und dieselbe Ware anbieten, als auch zahlreiche Käufer, die diese Ware erwerben möchten. Die Gesamtheit der Verkäufer wird für gewöhnlich als ask oder Angebotbezeichnet. Jeder Verkäufer möchte seine Ware so teuer wie möglich verkaufen, während jeder Käufer möglichst wenig dafür bezahlen möchte. Die Verkäufer können für ihre Ware unterschiedliche Preise festlegen. Die Preise können auch dann voneinander abweichen, wenn die Ware unterschiedlicher Verkäufer vollkommen identisch ist. Das hängt damit zusammen, dass die Beschaffung der Ware jeden Verkäufer unterschiedlich viel gekostet hat. Und damit, dass jeder Verkäufer seine eigenen Gewinnerwartungen hat, die nicht immer mit denen der anderen Marktteilnehmer in Einklang zu bringen sind.

Die Preise unterscheiden sich auch deshalb, weil die Anzahl der Verkäufer sehr groß ist. Sie können sich nicht alle versammeln und einen für alle verbindlichen Oligopolpreis festlegen. Einigt sich nur ein Teil der Verkäufer auf einen gemeinsamen Preis, werden die übrigen diesem Beispiel nicht zwangsläufig folgen. Das bedeutet, dass, wenn ein Teil der Verkäufer seine Preise absprachegemäß erhöht, die Käufer die Möglichkeit haben, dieselbe Ware preiswerter zu erwerben und zwar bei Verkäufern aus dem Teil, der nicht an diese Absprache gebunden ist.

Somit haben wir klargestellt, dass sich der Preis für ein und dieselbe Ware je nach Verkäufer unterscheiden kann. Aber wenn die von den Verkäufern angebotene Ware identisch ist, sich ihr Preis jedoch unterscheidet, setzt unter den Verkäufern ein Wettbewerb ein. Das liegt daran, dass der Käufer die Möglichkeit hat, ein und dieselbe Ware bei unterschiedlichen Händlern zu unterschiedlichen Preisen zu erwerben, was bedeutet, dass er stets dem Verkäufer den Vorzug geben wird, der die Ware am günstigsten anbietet.

Der Wettbewerb zwischen den Verkäufern lässt sich am einfachsten in Form einer Tabelle darstellen. Diese Tabelle besteht aus einer Reihe von Zeilen, von denen jede die Bezeichnung eines Verkäufers enthält und dazu den Preis, zu dem er bereit ist seine Ware zu verkaufen, sowie die Warenmenge, die er verkaufen kann. Wichtig ist, dass jeder Verkäufer lediglich über eine begrenzte Warenmenge verfügt. Diese Menge kann in einer beliebigen Einheit, der Anzahl von Verträgen oder in anderer Form angegeben werden. Es kommt einzig darauf an zu bedenken, dass sowohl die Bestände der Verkäufer als auch die Mittel der Käufer stets begrenzt sind. Weder können die Verkäufer eine unbegrenzte Warenmenge verkaufen, noch die Käufer eine solche erwerben. Aus diesem Grund ist in der Tabelle außer dem Preis auch die Menge der Ware angegeben, die der jeweilige Verkäufer verkaufen könnte. Ganz ähnlich wird auch in der Tabelle für die Käufer die Warenmenge angegeben, zu deren Erwerb sie jeweils bereit sind.

Die Tabelle ist nach Preisen gestaffelt. Die Verkäufer mit den günstigsten Preisen stehen unten in der Tabelle, die mit den höchsten entsprechend oben.

Angenommen, wir steigen in den Goldmarkt ein, um einige Unzen dieses Edelmetalls zu kaufen. Die Tabelle mit dem Gesamtangebot aller Verkäufer sieht in etwa folgendermaßen aus:

Verkäufer Nr. Preis in $ je Feinunze
Gold
Anzahl der Unzen
(Verträge)
Verkäufer 5 1.280,80 13
Verkäufer 4 1.280,80 60
Verkäufer 3 1.280,30 3
Verkäufer 2 1.280,10 5
Verkäufer 1 1.280,00 1

Tabelle 1. Angebot der Verkäufer

Wir kommen später auf diese Tabelle zurück, jetzt wenden wir uns zunächst den Käufern zu.


1.2. Käufer

Wie bereits erwähnt, gibt es auf jedem Markt außer Verkäufern auch zahlreiche Käufer. Die Gesamtheit dieser Käufer wird gewöhnlich auch als Nachfrage oder bid bezeichnet. Anders als die Verkäufer, die ihre Ware so teuer wie möglich verkaufen möchten, streben die Käufer danach, möglichst wenig dafür zu bezahlen.

Allerdings haben die Käufer unterschiedliche Vorstellungen vom inneren Wert der Ware. Was bestimmten Kunden wertvoll erscheint, können andere für billig halten. Deshalb sind die Kunden bereit, für ein und dieselbe Ware unterschiedliche Preise zu zahlen. Wie die Verkäufer haben auch die Käufer das Recht, den Preis für ihren Einkauf selbst zu bestimmen. Zum Beispiel kann ein Käufer einen Kaufauftrag unter der Bedingung erteilen, dass die Ware ihm zu einem Preis verkauft wird, der einen bestimmten, von ihm selbst festgelegten Betrag nicht übersteigt.

Aufgrund ihrer großen Zahl können sich die Käufer nicht versammeln, um sich auf ein Oligopson, einen gemeinsamen Nachfragepreis, zu einigen. Ein von einem Käufer oder einer kleinen Gruppe von Käufern ausgerufener unangemessen niedriger Kaufpreis ist kaum wettbewerbsfähig, da sich stets zahlreiche Käufer finden werden, die bereit sind, den Verkäufern die Ware zu einem höheren Preis abzunehmen. Da unterschiedliche Käufer bereit sind, für ein und dieselbe Ware unterschiedliche Preise zu zahlen, treten auch sie miteinander in einen Wettbewerb. Das geschieht, weil ein Verkäufer jetzt die Wahl hat, seine Ware an unterschiedliche Abnehmer zu veräußern, wobei er immer bestrebt sein dürfte, sie an denjenigen abzutreten, der den höchsten Preis zu zahlen bereit ist.

Der Wettbewerb zwischen den Käufern lässt sich am besten in Form derselben Tabelle wiedergeben, die auch den Wettbewerb zwischen den Verkäufern veranschaulicht, lediglich mit dem Unterschied, dass die oberen Zeilen von den Käufern eingenommen werden, die zur Zahlung der höchsten Preise bereit sind, während die „Sparfüchse“ sich in den unteren Zeilen wiederfinden.

Wir wenden uns wieder unserem Goldmarktbeispiel zu. Die gebündelte Nachfrage auf ihm könnte in etwa so aussehen:

Käufer Nr. Preis in $ je Feinunze
Gold
Anzahl der Unzen
(Verträge)
Käufer 5 1.279,80 2
Käufer 41.279,70 15
Käufer 3 1.279,30 3
Käufer 2 1.278,80 12
Käufer 11.278,80 1

Tabelle 2. Nachfrage der Käufer

Wie die Tabelle der Verkäufer enthält auch diese eine Spalte mit dem Umfang der Waren, die die Käufer zu erwerben bereit sind. Denken Sie daran, dass die Nachfrage nicht unbegrenzt ist, und das Kaufinteresse der Käufer stets durch deren Finanzmittel beschränkt wird.


1.3. Das Zusammentreffen von Verkäufern und Käufern. Die Handelsübersicht

Wir haben die Verkäufer und die Käufer betrachtet und herausgearbeitet, dass die einen wie die anderen unterschiedliche Erwartungen hinsichtlich der Waren haben können, die sie veräußern bzw. erwerben möchten. Diese Erwartungen können als Tabellen veranschaulicht werden, die dergestalt geordnet sind, dass die Verkäufer, die den niedrigsten Preis für ihre Ware aufrufen, am unteren Ende der Verkäufertabelle aufgeführt werden, und die Käufer, die bereit sind, den höchsten Preis zu bezahlen, entsprechend am oberen Ende der Käufertabelle.

Die Zeilen dieser Tabellen können als Händleranfragen oder als Aufträge für den Kauf bzw. Verkauf der Ware zu einem bestimmten Preis und in einem bestimmten Umfang betrachtet werden.

Die in diesen Tabellen aufgeführten Angaben können vereinfacht werden. Zunächst einmal können wir die Angaben zu dem jeweiligen Verkäufer oder Käufer außer Acht lassen, da es uns auf die Ware ankommt und nicht darauf, wer sie uns verkaufen oder von uns kaufen möchte. Es ist doch auch wirklich vollkommen irrelevant, ob wir die Ware bei Verkäufer Nr. 1 oder Nr. 2 gekauft haben. Weitaus wichtiger ist es, den Preis und die Menge der Ware zu kennen, die wir uns leisten können.

Auch unter Außerachtlassung der Angaben zu den Verkäufern oder Käufern können wir die jeweils von ihnen angebotenen Mengen und Preise zu einfachen Grenzen zusammenfassen. Jede dieser Grenzen müsste den Preis und den Gesamtumfang der zu diesem Preis angebotenen bzw. nachgefragten Ware angeben.

Als Beispiel sehen wir uns eine weitere Angebotstabelle an, diesmal für Silber:

Verkäufer Nr. Preis in $ je Feinunze
Silber
Anzahl der Unzen
(Verträge)
Verkäufer 5 19,30 21
Verkäufer 4 19,30 15
Verkäufer 319,103
Verkäufer 219,005
Verkäufer 119,008

Tabelle 3. Angebot der Verkäufer

Wie wir sehen haben die Verkäufer 1 und 2 sowie 4 und 5 jeweils den gleichen Verkaufspreis festgelegt: 19,00 bzw. 19,30 $.

Wir vereinfachen diese Tabelle, indem wir die unerhebliche Spalte „Verkäufer Nr.“ entfernen und gleiche Preise jeweils in einer Zeile zusammenfassen, wobei wir die jeweiligen Mengen addieren:

Preis in $ je Feinunze Silber Anzahl der Unzen (Verträge)
19,30 36 (21+15)
19,1 3
19,0013 (5+8)

Tabelle 4. Gesamtangebot der Verkäufer

Jetzt haben wir keine Informationen darüber, wie viele Verkäufer bereit sind, uns Silber für 19,00 $ je Feinunze zu verkaufen. Alles, was wir wissen, ist, dass der gesamte Verkaufsumfang sich auf 13 Verträge beläuft. Ob sie von einem einzigen oder von dreizehn Verkäufern angeboten werden, ist unbekannt. Derart zu Gruppen zusammengefasste Verkäufer, verkaufen ihre Ware der Reihen nach.

Wer seine Ware als Erster angeboten hat, verkauft sie auch als Erster. Dabei ist klar, dass es umso wichtiger ist, der Erste in der Liste der Anbieter zu sein, um seine Ware vor den Wettbewerbern veräußern zu können, denn der bzw. die letzten Anbieter auf der Liste könnten leer ausgehen, wenn nicht genügend Kaufinteressenten für die gesamte angebotene Warenmenge vorhanden sind. Deshalb kommt dem Tempo der Unterbreitung von Verkaufsangeboten eine enorme Bedeutung zu, wenn wir es mit Hochfrequenzhandel oder kurz HFT zu tun haben. Dieses Handelsverfahren erfordert eine besondere technische Ausstattung sowie eine sehr schnelle Verbindung.

Es kann der Eindruck entstehen, als würde unsere vereinfachte Tabelle nicht viele brauchbare Informationen liefern. Zu wissen, ob man bei einem großen Marktteilnehmer oder mehreren kleinen kauft, kann sich jedoch als nützlich erweisen. Zudem können die Angaben zum Zeitpunkt der Erteilung eines Auftrags und dem Stand einer Ausführung ebenfalls hilfreich sein. Aber diese Daten beanspruchen sehr viel Platz, und müssen, wenn sie verfügbar sind, gesondert bezahlt werden. Die Moskauer Börse zum Beispiel bietet gegen Aufpreis ein Datenpaket namens full orders log mit den allen verfügbaren Handelsinformationen.

Jetzt, da wir uns der überflüssigen Angaben in unseren Tabellen entledigt haben, können wir darangehen, diese zusammenzuführen. Dazu verbinden wir den oberen Teil der Käufertabelle mit dem unteren Ende der Verkäufertabelle. Damit wir nicht durcheinander kommen, weisen wir Käufer und Verkäufer in unterschiedlichen Farben aus: Die Verkäufer in rosa und die Käufer in blau. Die daraus resultierende Tabelle wird als Handelsübersicht oder Markttiefe bezeichnet.

Preis in $ je Feinunze Gold
Anzahl der Unzen (Verträge)
1.280,80 17
1.280,30 3
1.280,10 5
1.280,00 1
1.279,80 2
1.279,70 15
1.279,30 3
1.278,80 13

Tabelle 5. Handelsübersicht

In unterschiedlichen Ausgabegeräten für Börseninformationen kann sie unterschiedlich aussehen, aber ihrem Wesen nach ist diese Übersicht immer dieselbe, sie zeigt die Aufträge zum Kauf und Verkauf eines bestimmten Handelsinstrumentes.

In der MetaTrader 5-Instanz für das Ausgabegerät (Terminal) sieht die Handelsübersicht im Vergleich leicht verändert aus, aber ihr Aufbau ist ähnlich:

Handelsübersicht für einen Terminkontrakt mit Gold (GOLD-9.14)

Abbildung 1. Handelsübersicht für einen Terminkontrakt mit Gold (GOLD-9.14)


1.4. Auftragsarten der Handelsplattform MetaTrader 5

Jetzt, da wir die Handelsübersicht kennen gelernt haben, sehen wir uns genauer an, wie sie funktioniert. Dazu kaufen wir zunächst 17 Unzen Gold, um sie sofort wieder zu verkaufen. Wie oben bereits gesagt bezeichnen wir unsere Vorhaben als Anfragen, Handelsanweisungen oder einfach Aufträge. Wir können auswählen, wie wir den Kauf abwickeln möchten:

  1. Wir können das Gold in dem gewünschten Umfang zu dem Preis kaufen, zu dem es die Verkäufer gerade anbieten,
  2. oder wir können eine Anfrage zum Erwerb der gewünschten Menge Gold zu dem für uns interessanten Preis platzieren.

Im ersten Fall nehmen wir den von den Verkäufern angebotenen Preis an. Im zweiten Fall legen wir den Kaufpreis selbst fest. Im ersten Fall wird unser Auftrag zu Marktbedingungen ausgeführt. Im zweiten Fall ist unsere Anfrage durch den Preis begrenzt, oberhalb dessen der Auftrag nicht ausgeführt wird, und sie wird in die allgemeine Handelsübersicht als begrenzter Auftrag oder limit order eingetragen.

Dieser grundlegende Unterschied in der Art der Abschlussabwicklung zieht unterschiedliche Mechanismen zur Ausführung unserer Aufträge nach sich und bestimmt die Merkmale der Ausführung unserer Handelsanweisungen.

Unsere Absichten sind keine abstrakten Begriffe. Sie erhalten als Handelsanfragen oder Aufträge ihre offizielle Form. In der Programminstanz von MetaTrader 5 gibt es unterschiedliche Arten von Handelsanweisungen, sie werden dort als Aufträge oder Orders bezeichnet. Wenn wir zu Marktbedingungen kaufen oder verkaufen möchten, das heißt, wenn wir den durch die Nachfrage oder das Angebot bestimmten Preis annehmen, stehen dazu folgende Auftragsarten zu Verfügung:

  • Buy – Kaufen zu dem aktuellen angebotenen oder einem höheren Angebotspreis (Ask).
  • Sell – Verkaufen zu dem aktuellen oder einem niedrigeren Nachfragepreis (Bid).
  • Buy Stop – Kaufen, wenn der aktuelle Angebotspreis (Ask) gleich oder höher als der im Auftrag angegebene Preis ist. Dabei muss der Preis bei der Auftragserteilung niedriger als der im Auftrag ausgewiesene sein.
  • Sell Stop – Verkaufen, wenn der aktuelle Nachfragepreis (Bid) gleich oder niedriger als der im Auftrag angegebene Preis ist. Dabei muss der Preis bei der Auftragserteilung höher sein als der im Auftrag ausgewiesene.

Wenn wir die Ware dagegen zu Preisen erwerben oder veräußern möchten, die wir selbst festgelegt haben, kommen andere Auftragsarten zum Einsatz:

  • Buy Limit – Kaufen zu einem Preis, der gleich oder niedriger als der in dem Auftrag angegebene ist.
  • Sell Limit – Verkaufen zu einem Preis, der gleich oder höher als der in dem Auftrag angegebene ist.

Im Unterschied zu Stop- und Bestensaufträgen gewährleisten begrenzte Aufträge, dass der Preis bei ihrer Ausführung nicht schlechter als der in dem betreffenden Auftrag angegebene ist.

Neben den genannten Auftragsarten verfügt MetaTrader 5 über besondere algorithmische Aufträge der Art Buy Stop Limit und Sell ​​Stop Limit. Die Umsetzung dieser besonderen Aufträge erfolgt auf der Ebene der MetaTrader 5-Instanz für das Ausgabegerät (Terminal) und dem entsprechenden Bereich auf dem Server. Das heißt, sie sind im Grunde künstliche oder algorithmische Aufträge von MetaTrader 5 selbst und nicht der Börse. Sie sind eine Kombination aus begrenzten und Stop-Aufträgen und erfüllen eine wichtige Funktion bei der Organisation der Überwachung der durch möglichen Schwund und die Ausführung zu marktfremden Preisen entstehenden Verluste.


1.5. Der Begriff „Abschluss“

Eine von uns erteilte Handelsanweisung oder ein Auftrag wird mithilfe eines oder mehrerer Abschlüsse ausgeführt, deren Gegenseite jeweils eine Vertragspartei ist, die unseren Bedingungen entspricht. In der Tat, wenn wir uns entschließen, auf dem Markt zwei Unzen Gold zu kaufen, und es dort lediglich zwei Verkäufer gibt, von denen jeder jeweils nur eine Unze anbietet, müssen wir mit jedem dieser Verkäufer einen Kaufvertrag oder einfach einen Abschluss aushandeln. Es zeigt sich also, dass unsere in Form eines Auftrages erklärte Entscheidung mithilfe von zwei mit unterschiedlichen Verkäufern (Vertragspartnern) abgeschlossenen Abschlüssen ausgeführt wird.

Wie die Aufträge sind auch die Abschlüsse keine abstrakten Begriffe. In MetaTrader 5 entspricht ihnen die gleichnamige Bezeichnung „Abschluss“. Abgewickelte Abschlüsse werden in MetaTrader 5 unter der Registerkarte „Verlauf“ (History) in dem Fenster „Hilfsmittel“ (Toolbox) angezeigt.

Jeder ausgeführte Auftrag beruht auf mindestens einem Abschluss. Ein ausgeführter Auftrag kann mehrere Abschlüsse beinhalten. Zu jedem Abschluss gehören stets nur zwei Vertragsparteien. Ein Abschluss bezieht sich direkt auf zwei Händler und ihre Handelskonten, wobei jeder Händler nur die eigenen Abschlüsse und Aufträge im System sehen kann, weswegen der Eindruck entstehen kann, dass die Kennungen für die Abschlüsse einzigartig sind.

In MetaTrader 5 zählen auch alle von Maklern an dem Konto vorgenommenen Operationen zu den Abschlüssen. Abschlüssen dieser Art fehlt natürlich der sie auslösende Auftrag.

Am einfachsten lässt sich die Beziehung zwischen einem Auftrag und den zu ihm gehörenden Abschlüssen in einem Schaubild darstellen:

Abb. 2. Schematische Darstellung der Wechselbeziehung zwischen Abschlüssen und Aufträgen

Abbildung 2. Schematische Darstellung der Wechselbeziehung zwischen Abschlüssen und Aufträgen

Beachten Sie bitte, dass die Beziehung zwischen den Abschlüssen und dem Auftrag einseitig ist. Der Auftrag „weiß nicht“, wie viele Abschlüsse zu ihm gehören, dagegen beinhalten die Abschlüsse die einzigartige Kennung des Auftrages, auf dessen Grundlage sie zustande gekommen sind. Das liegt daran, dass die Abschlüsse zum Zeitpunkt der Auftragserteilung noch nicht vorliegen, was bedeutet, dass sie dem Auftrag unbekannt sind. Im Gegensatz dazu geht jedem getätigten Abschluss auf dem Markt ein Auftrag voraus, und das heißt, dass man stets genau sagen kann, welcher Auftrag der konkrete Auslöser für einen Abschluss war.


1.6. Der Vorgang von Verkauf und Kauf. Schwund (Slippage). Der Begriff Liquidität

Nehmen wir also an, wir wären bereit, das Angebot der Verkäufer anzunehmen und würden uns für die Ausführung des Auftrages entscheiden.

Dazu sehen wir uns noch einmal die Handelsübersicht an:

Preis in $ je Feinunze Gold Anzahl der Unzen (Verträge)
1.280,80 17
1.280,30 3
1.280,10 5
1.280,00 1
1.279,80 2
1.279,70 15
1.279,30 3
1.278,80 13

Tabelle 6. Die Handelsübersicht

Aus dem angebotenen Preisspektrum möchten wir Gold bei dem Verkäufer erwerben, der den niedrigsten Preis verlangt. Der niedrigste Preis beträgt 1.280,00 $. Aber zu diesem Preis wird insgesamt nur eine Unze verkauft. Die übrigen 16 Unzen müssen bei anderen Verkäufern erworben werden, die höhere Preise verlangen. 5 Verträge kaufen wir zu einem Preis von 1.280,10 $, 3 zu 1.280,30 $ und die restlichen 8 zu 1.280,80 $. Der Durchschnittspreis der von uns erworbenen 17 Unzen wird sich von dem Preis des besten Angebotes unterscheiden, also berechnen wir ihn:

((1.280,00 $ x 1 Unze) + (1.280,10 $ x 5 Unzen) + (1.280,30 $ x 3 Unzen) + (1.280,80 $ x 8 Unzen)) / 17 Unzen = (1.280,00 $ + 6.400,50 $ + 3.840,90 $ + 10.246,4 0 $) / 17 Unzen = 21.767,80 $ / 17 Unzen = 1.280,46 $ je Feinunze (1 Vertrag).

Wir haben den gewichteten Durchschnittspreis für eine der von uns erworbenen Feinunzen Gold berechnet. Er liegt 0,46 $ über dem Preis des günstigsten Angebotes. Das ist dadurch bedingt, dass sowohl die Ver- als auch die Käufer nur über eine begrenzte Liquidität verfügen.

Liquidität bezeichnet die Fähigkeit von Marktteilnehmern, Ware in der erforderlichen Menge zu Preisen zu kaufen und zu verkaufen, die nicht weit von denen des Marktes abweichen.

Je größer die Liquidität desto größer die Menge der Ware, die zum jeweils besten Preis ge- oder verkauft werden kann. Je niedriger sie ist, desto weiter entfernt sich der Kauf- bzw. Verkaufspreis vom Bestpreis. Das nennt man gemeinhin Schwund, eine ausführlichere Begriffsbestimmung lautet wie folgt:

Schwund (Slippage) ist die Differenz zwischen dem gewichteten durchschnittlichen Kauf- bzw. Verkaufspreis für einen Vermögenswert und dem besten Angebots- bzw. Nachfragepreis.

In allgemeinerer Form wird der Schwund als die Differenz zwischen dem gewichteten durchschnittlichen Kauf- oder Verkaufspreis und dem Preis definiert, der in dem Auftrag angegeben ist, durch den der Abschluss des entsprechenden Kaufs oder Verkaufs angeordnet wird. Diese Begriffsbestimmung ist allerdings noch vager und zieht weitere Probleme nach sich, da sie es ermöglicht, eine Handelsanfrage so zu formulieren, dass der gewünschte Preis in ihr in astronomischem Umfang schlechter ist als der aktuelle Preis, und der Markt dessen ungeachtet sofort auf sie anspricht.

Der Umstand, dass der tatsächlichen Preis für die Ausführung dieses Auftrages um denselben astronomischen Betrag besser ist als der in dem Auftrag angegebene, heißt noch lange nicht, dass wir tatsächlich einen „positiven Schwund“ erzielen, den wir auf unserem Handelskonto in einen Gewinn verwandeln können. Anders ausgedrückt: „Allein vom Wiegen wird die Sau nicht fett“. Deshalb benötigen wir eine weniger vage Begriffsbestimmung für Schwund.

Auf dem Devisenmarkt hat der Schwund kaum merkliche Auswirkungen. Für den überwiegenden Teil der Liquidität dieses Marktes sorgen institutionelle Anbieter wie Banken und Liquiditätsgeber. Der Kauf oder Verkauf von Devisen durch gewöhnliche private Devisenhändler erfolgt fast immer zum besten Angebots- oder Nachfragepreis. Deshalb ist die Bedeutung der Handelsübersicht für diesen Markt nicht so groß wie für die Börse.

Nach dem Erwerb der gewünschten Menge Gold sieht die in der Tabelle oben wiedergegebene Handelsübersicht anders aus.

Die Verkäufer, die uns ihr Gold verkauft haben, werden vom Markt verschwinden, weil ihr Angebot von uns angenommen wurde:

Preis in $ je Feinunze GoldAnzahl der Unzen (Abschlüsse)
1.280,80 9






1.279,80 2
1.279,70 15
1.279,30 3
1.278,80 13

Tabelle 7. Änderung der Liquidität in der Handelsübersicht

Jetzt werden wir versuchen, das gerade erworbene Gold an interessierte Käufer weiterzuverkaufen. Es sei daran erinnert, dass diese Käufer im unteren Teil der Tabelle aufgeführt und in blauer Farbe ausgewiesen werden. Genau wie bei den Verkäufern ist die Liquidität der Käufer begrenzt. Wenn wir ihnen Gold verkaufen, entstehen uns ebenfalls zusätzliche Kosten in Form von Schwund.

Die Handelsübersicht zeigt, dass wir 2 Unzen zu 1.279,80 $ verkaufen können und 15 zu 1.279,70 $. Unser durchschnittlicher Verkaufspreis (Rückzug aus dem Gold) beträgt in diesem Fall 1.279,71 $ je Unze. Hätten wir nicht so viele Verträge auf dem Niveau 1.279,70 $, wäre unser Schwund noch größer.

Nach dem Abschluss des Verkaufs aller erworbenen Verträge ändert sich auch der Stand der Handelsübersicht. Sie sieht jetzt so aus:

Preis in $ je Feinunze Gold Anzahl der Unzen (Verträge)
1.280,80 9










1.279,30 3
1.278,80 13

Tabelle 8. Änderung der Liquidität in der Handelsübersicht

Es ergibt sich, dass wir mit unseren Operationen die Gesamtliquidität dieses Instrumentes verringert haben. Zunächst bestand die Bereitschaft, insgesamt 26 Unzen Gold (17 + 3 + 5 + 1) zu verkaufen, jetzt sind es nur noch 9.

Ebenso verhält es sich auf der Nachfrageseite: zuerst hatten die Käufer Interesse daran, 33 Goldverträge zu kaufen (2 + 15 + 3 + 13), geblieben sind 16. Sollten wir erneut eine bestimmte Menge Gold kaufen wollen, könnte die Verkaufsliquidität schlicht nicht ausreichen, und unser Kaufauftrag könnte entweder nur teilweise oder gar nicht ausgeführt werden. Dasselbe gilt auch für die Verkäufe, da sie genauso von der Liquidität abhängen.

Die echten Handelsübersichten auf den Ausgabegeräten können leere Preisebenen aufweisen, sie erscheinen in der Tabelle oben als leere weiße Zeilen. Diese leeren Ebenen können auch ausgeblendet werden. In MetaTrader 5 zum Beispiel sieht ein und dieselbe Handelsübersicht einmal mit ein- und einmal mit ausgeblendeten leeren Zeilen auf dem Bildschirm so aus:

Handelsübersicht mit (rechts) und ohne (links) leere Preisebenen

Abbildung 3. Handelsübersicht mit (rechts) und ohne (links) leere Preisebenen


1.7. Weshalb sich der Kurs bewegt

Lassen Sie uns unsere Operationen in Form eines Diagramms darstellen, in dem die x-Achse eine bedingte Wiedergabe der Zeitpunkte oder der Abfolge der erzielten Abschlüsse wiedergibt und die y-Achse den Goldkurs.

Die rote Linie kennzeichnet die Dynamik des besten Angebotspreises (Ask), die blaue die Dynamik des besten Nachfragepreises (Bid), die grüne Linie schließlich zeigt die Preisdynamik des letzten von uns getätigten Abschlusses (Last).

Die von uns erzielten Abschlüsse werden als Dreiecke angezeigt:

Preisänderungsdynamik im Zeitverlauf

Abbildung 4. Grundschema der Preisänderung im Zeitverlauf

Das Diagramm verdeutlicht, dass wir mit unseren Operationen nicht nur die Gesamtliquidität des Marktes herabgesetzt, sondern auch den Preis geändert haben! Für gewöhnlich wird der Preis des letzten getätigten Abschlusses (Last) als der Börsenkurs bezeichnet, da wir jedoch Gold gekauft und anschließend zu einem anderen Preis weiterverkauft haben, hat sich der Preis des letzten getätigten Abschlusses dank uns ständig geändert.

Achten Sie auf die Abschlüsse 4 und 5. Sie erfolgten zu ein und demselben Preis. Das hängt damit zusammen, dass sich eine Vielzahl von Verkäufern und Käufern gleichzeitig auf einem Preisniveau tummeln können. Aber an jedem Abschluss sind immer nur zwei Parteien beteiligt, eine als Käufer, die andere als Verkäufer. Wenn es mehrere Verkäufer gibt, wird mit jedem von ihnen ein eigener Abschluss getätigt. Dabei kann jeder Abschluss einen anderen Umfang haben. Die Abschlüsse bilden lange Abfolgen von Kursänderungen auf einem Preisniveau.

Auf einem Kursänderungsdiagramm sind sie als aus zahlreichen Punkten (Ticks) bestehende Geraden zu sehen:

Abb. 5 Abfolge von Kursänderungen

Abbildung 5. Abfolge von Kursänderungen

In MetaTrader 5 wird ein dem Kursänderungsdiagramm vergleichbares Diagramm zur Echtzeitüberwachung der Preise Ask, Bid und Last ausgegeben.

Um dieses Diagramm anzuzeigen, reicht es, in dem Fenster der Marktübersicht das entsprechende Finanzinstrument (Kürzel) auszuwählen und dann die Registerkarte „Kursänderungen“ (Ticks) zu öffnen.

Kursänderungsdiagramm für GOLD-9.14 in MetaTrader 5

Abbildung 6. Darstellung des Kursänderungsverlaufs in MetaTrader 5

In besagtem Diagramm wird der beste Angebotspreis (Ask) in Form einer blauen Linie angezeigt und der beste Nachfragepreis (Bid) in rot. Der Preis des letzten Abschlusses (Last) wird wie in dem vorhergehenden Diagramm als grüne Linie dargestellt.

Den Verlauf der Abschlüsse (Ticks) können wir uns in einem eigenen Film anschauen, der in Kapitel 1.12 Nachfrage und Angebot allgemein, Verkaufs- und Kaufaufträge dieses Beitrages abrufbar ist.

Achten Sie bitte auf den Unterschied zwischen dem besten Verkaufs- (rote Linie) und dem besten Kauf (blaue Linie). Diese Preisdifferenz wird mitunter als Spread bezeichnet. Sie wird mit jedem neuen Abschluss größer, da die Zahl derjenigen, die zum besten Preis kaufen und verkaufen wollen, immer kleiner wird. Indem wir zu Marktpreisen ge- und verkauft haben, haben wir zunächst die Nachfrage seitens der Verkäufer und anschließend die der Käufer befriedigt und sie damit aus dem Markt entfernt. Man könnte sagen, wir haben Marktliquidität „verzehrt“. Andererseits hat sich der Marktpreis dank unserer Tätigkeit bewegt. Ohne unsere Abschlüsse würden sich Käufer und Verkäufer nach wie vor gegenüberstehen und darauf warten, dass eine Seite den von der jeweils anderen angebotenen Preis annimmt.

Die abgebildeten Diagramme zeigen unter anderem, welche Seite den jeweiligen Abschluss ausgelöst hat, die Käufer- oder die Verkäuferseite. Es zeigt sich, dass sich der Last-Preis, als wir gekauft haben, dem Ask-Preis angeglichen hat, und bei unserem Verkauf dem Bid-Preis. In Zukunft wird der Verlauf aller getätigten Abschlüsse in MetaTrader 5 in Form eines eigenen Übersichtsfensters mit einer Tabelle aller Abschlüsse (Time & Sales) abrufbar sein. In dieser Übersicht werden alle getätigten Abschlüsse nebst ihrem jeweiligen Umfang, Preis und Auslöser (Käufer oder Verkäufer) abgebildet.

Dieses Fenster kann in etwa so aussehen wie in dem Ausgabeprogramm Quik:

Abbildung 7. Übersicht über alle Abschlüsse in Quik

Abbildung 7. Übersicht über alle Abschlüsse in Quik


1.8. Marktpfleger

Es darf nicht vergessen werden, dass die Preisdifferenzen bei starken Kursänderungen sehr groß werden kann, während die Liquidität fällt. In solchen Momenten kann der Markteintritt zu Marktpreisen teuer werden: der Wert des Schwunds wird erheblich. Das ist eine häufige Erscheinung auf Märkten mit geringer Liquidität und einer kleinen Anzahl von Marktteilnehmern. Selbst in vergleichsweise ruhigen Zeiten kann der Eintritt in solche Märkte von hohen Aufwendungen für Schwund und Preisdifferenz begleitet sein. Um die Aufwendungen zu verringern und Händler zum Handeln auf diesen Märkten zu ermuntern, kann die Börse professionelle Eigenhändler oder Marktpfleger hinzuziehen, deren Hauptaufgabe darin besteht, die Liquidität des jeweiligen Marktes auf einem annehmbaren Niveau und die Preisdifferenz in Bezug auf den Marktkurs in möglichst engen Grenzen zu halten.

Ziehen wir uns noch einmal unsere ursprüngliche Handelsübersicht für Gold heran und stellen wir uns vor, wie sie aussehen könnte, wenn auf diesem Markt Marktpfleger aktiv wären:

Preis in $ je Feinunze Gold Anzahl der Unzen (Abschlüsse)
1.280,8017
1.280,303
1.280,10 500
1.280,00 1
1.279,80 2
1.279,70 500
1.279,30 3
1.278,80 13

Tabelle 9. Marktpfleger in der Handelsübersicht

Wir sehen, dass sich auf den Ebenen 1.280,10 bzw. 1.279,70 $ große Mengen konzentrieren. Die Handelsübersicht verrät nicht, von wem diese Mengen angeboten werden, noch wie vielen Markteilnehmern sie gehören. Sie können jedoch gut einem typischen Marktpfleger gehören, der spiegelbildlich Kauf- und Verkaufsaufträge für große Mengen erteilt. Während unser gewichteter durchschnittlicher Kaufpreis für Gold ohne diesen Marktpfleger 1.280,46 $ betragen hat, hätte er mit ihm um 1.280,10 $ gelegen. Denn wir hätten den Großteil unserer Menge genau bei ihm erworben. Die Auswirkungen unseres Verkaufs wären kaum wahrzunehmen, jedoch nur, weil die von uns verkauften Mengen unerheblich sind.

Die Marktpfleger sind die „Verteidigungsreihe“ des Börsenhandels. Sie steigern die Liquidität und verhindern eine Ausweitung der Preisdifferenz. Auf einigen nicht besonders liquiden Märkten, wie etwa dem russischen Optionsmarkt, treten in der Regel sie als Gegenseite bei unseren Abschlüssen auf. In diesem Fall stellt sich die Frage: Trifft Ihre Erwartung hinsichtlich der künftigen Wertveränderung des entsprechenden Vermögenswertes auch dann noch zu, wenn der Marktpfleger, in der Regel ein großes Unternehmen, bereit ist, Ihnen große Mengen abzunehmen oder zu verkaufen?

Die Tätigkeit der Marktpfleger wird durch die Börse geregelt, für die sie tätig sind. Sie sind verpflichtet, einen gewissen Prozentsatz an Zeit auf dem Markt zu verbringen oder zu bestimmten Handelszeiten dort anwesend zu sein, die Preisdifferenz in vorgegebenen Grenzen zu halten und bestimmte Liquiditätsmengen bereitzustellen. Die Börse ihrerseits räumt den Marktpflegern gewisse Vorteile ein, etwa bei der Bezahlung von Kommissionen, und manchmal bezahlt sie sie sogar.

Die Börse garantiert den Marktpflegern jedoch keinen Gewinn, diese müssen selbst Algorithmen entwickeln, die ihnen ermöglichen, das Börsengeschehen zu beobachten und dabei Gewinne zu erwirtschaften. Der Erfolg der Marktpfleger hängt großenteils von den geringen Kommissionskosten ab, die sie zu tragen haben. Etliche Strategien, für die nicht die allgemeinen Börsensätze gelten, können dank geringer Kommissionen, von denen auch die Marktpfleger profitieren, Gewinne erwirtschaften.


1.9. Begrenzte Aufträge und ihre Ausführung

Wir haben uns eingehend mit der Ausführung der Aufträge am Markt befasst und alle Auswirkungen dargestellt, die sich daraus ergeben.

Stellen wir uns jetzt einmal vor, dass wir uns mit dem Schwund nicht abfinden und weder die von den Käufern noch von den Verkäufern vorgeschlagenen Preise annehmen wollen. Stattdessen setzen wir unsere eigenen Kauf- und Verkaufspreise fest. Jetzt geben wir den Verkäufern den Preis vor, wenn wir deren Ware kaufen möchten, und genauso diktieren wir den Käufern den Preis, wenn wir uns zum Verkauf entschließen. Wir kaufen also wieder unsere 17 Goldverträge, diesmal jedoch mithilfe eines begrenzten Auftrags.

Wir bedienen uns dabei wieder unserer ursprünglichen Handelsübersicht:

Preis in $ je Feinunze Gold Anzahl der Unzen (Verträge)
1.280,80 17
1.280,30 3
1.280,10 5
1.280,00 1
1.279,80 2
1.279,70 15
1.279,30 3
1.278,80 13

Tabelle 10. Börsenhandelsübersicht

Wie wir sehen, gibt es außer uns noch andere Interessenten für den Erwerb von Gold. Das beste Preisangebot der Käufer beträgt 1.279,80 $. Angenommen wir wären bereit, den besten (von allen auf dem Markt erhältlichen) Preis aufzurufen und 17 Unzen Gold zu je 1.279,90 $ oder weniger zu erwerben. Dazu erteilen wir einen eigenen begrenzten Auftrag zum Kauf von Gold zu dem angegebenen Preis.

Nachdem unser Auftrag erteilt wurde, erscheint er in der Handelsübersicht und gesellt sich zu den übrigen Aufträgen von Marktteilnehmern.

Preis in $ je Feinunze Gold Anzahl der Unzen (Verträge)
1.280,80 17
1.280,30 3
1.280,10 5
1.280,00 1
1.279,90 17
1.279,80 2
1.279,70 15
1.279,30 3
1.278,80 13

Tabelle 11. Ein begrenzter Auftrag in der Handelsübersicht

Die Handelsübersicht hat sich offenkundig verändert. Es gibt dort jetzt einen Käufer, der 17 Unzen Gold zu einem Preis von 1.279,90 $ erwerben möchte. Das sind wir selbst!

Unser Auftrag ist jetzt für uns sowie für alle übrigen Marktteilnehmer sichtbar. Jetzt kann jeder, der Gold auf dem Markt veräußern möchte, es zuerst uns anbieten und erst danach zu den nächsten Käufern weitergehen, da unser Nachfrageangebot (Bid) das beste ist. Allerdings kann im Gegensatz zur Ausführung eines Bestensauftrages bei unserem begrenzten Auftrag niemand garantieren, dass er auch ausgeführt wird. Solange auf dem Markt kein Verkäufer vorhanden ist, der bereit ist, uns sein Gold zu verkaufen, bleibt unser begrenzter Auftrag in der Handelsübersicht. Denn Auslöser für einen Abschluss sind stets Bestens-, aber nie begrenzte Aufträge.

Dazu kommt, dass der Preis des letzten Abschlusses sich jedes Mal nach oben verschiebt, wenn auf dem Markt jemand erscheint, der bereit ist, Gold zu Marktbedingungen zu erwerben. Andere Käufer können darauf reagieren und eigene begrenzte Aufträge erteilen, die über unserem liegen, um uns von der höchsten Position der Auftragsrangliste zu verdrängen.

Zur Veranschaulichung zeigen wir, wie sich die Handelsübersicht nach dem Kauf von 10 Goldverträgen durch jemand anderen verändert:

Preis in $ je Feinunze Gold Anzahl der Unzen (Verträge)
1.280,80 16






1.279,90 17
1.279,80 2
1.279,70 15
1.279,30 3
1.278,80 13

Tabelle 12. Veränderung der Handelsübersicht

Um uns nach unten zu verdrängen, reicht es jetzt, wenn Käufer auftauchen, die bereit sind, Gold zu etwas höheren als dem von uns angebotenen Preis zu erwerben.

Preis in $ je Feinunze Gold Anzahl der Unzen (Verträge)
1.280,80 16
1.280,30 15
1.280,10 10
1.280,00 3
1.279,90 17
1.279,80 2
1.279,70 15
1.279,30 3
1.278,80 13

Tabelle 13. Veränderung der Börsenhandelsübersicht

Unser begrenzter Auftrag ist in die Mitte der Handelsübersicht gewandert. Wir konnten uns in dem Wettbewerb um den besten Nachfragepreis nicht behaupten. Wenn der Preis weiter steigt, wird unser Auftrag überhaupt nicht ausgeführt werden.


1.10. Teilweise Auftragsausführung

Bei der Teilerfüllung von Aufträgen handelt es sich um eine der wichtigsten Besonderheiten der Ausführung von Börsenoperationen. Zu einer teilweisen Ausführung kommt es, wenn die Liquidität des Marktes nicht ausreicht oder wenn ein begrenzter Auftrag ausgeführt wird.

Eine besonders interessante Eigenschaft begrenzter Börsenaufträge (Limit Orders) besteht in der Möglichkeit zur Festlegung eines Grenzpreises, der schlechter ist als der jeweils aktuelle Marktpreis.

Zur Veranschaulichung kommen wir wieder zu unserer altbekannten Handelsübersicht zurück:

Preis in $ je Feinunze Gold Anzahl der Unzen (Verträge)
1.280,80 17
1.280,30 3
1.280,10 5
1.280,00 1
1.279,80 2
1.279,70 15
1.279,30 3
1.278,80 13

Tabelle 14. Börsenhandelsübersicht

Wir können einen begrenzten Kaufauftrag platzieren, dessen Grenzpreis wir über 1.280,00 $ festlegen, beispielsweise auf 1.280,30! Wie erfolgt die Ausführung unseres Auftrages in einem solchen Fall?

In der Handelsübersicht sehen wir, dass drei Verkäufer ihre Ware zu dem von uns angegebenen Preis oder günstiger anbieten. Insgesamt bieten sie 9 Unzen (1 + 5 + 3) an.

Die Börse führt ihre begrenzten Aufträge mit dem unseren zusammen, während die uns fehlenden 8 Unzen (17 - 9 = 8) in der Handelsübersicht an der Stelle dieser Verkäufer erscheinen:

Preis in $ je Feinunze Gold Anzahl der Unzen (Verträge)
1.280,80 17
1.280,30 8
1.279,80 2
1.279,70 15
1.279,30 3
1.278,80 13

Tabelle 15. Ausführung eines begrenzten Auftrags

Unser begrenzter Auftrag wurde nur zum Teil ausgeführt. Ein Teil des in Auftrag gegebenen Umfangs wurde sofort ausgeführt, da entsprechende Verkäufer zur Stelle waren, der übrige Teil wartet in der Handelsübersicht auf neue Verkäufer. Das ist ein überaus wichtiger Gesichtspunkt eines jeden Handelssystems zur Ausführung von Börsengeschäften zum jeweils aktuellen Kurs. Dabei ist die Wahrscheinlichkeit der teilweisen Auftragsausführung ebenso zu berücksichtigen wie die Möglichkeit, begrenzte Aufträge zu schlechteren Preisen als dem jeweils aktuellen Börsenkurs zu erteilen. Das weitere Schicksal unseres begrenzten Auftrages ist unbekannt. Auf hoch liquiden und beweglichen Märkten wird er aller Wahrscheinlichkeit nach vollständig erfüllt werden: es treten Verkäufer auf, die mit unserem Preis einverstanden sind und unsere Nachfrage befriedigen. Aber es kann ebenso gut sein, dass der Auftrag bis zu seiner Aufhebung nur zum Teil ausgeführt wird.

Mithilfe begrenzter Aufträge lässt sich der Umfang des größtmöglichen Schwunds recht einfach überwachen. Soll er auf ein bestimmtes Maß begrenzt werden, müssen wir den begrenzten Auftrag lediglich entsprechend anlegen. Einerseits wird also der Preis bei seiner Ausführung niemals schlechter sein als der in ihm angegebene. Und auf der anderen Seite wird es stets eine Liquiditätsmenge geben, die ihn sofort zumindest teilweise erfüllt.


1.11. Eigenschaften von begrenzten und Bestensaufträgen

Die grundlegenden Auftragsarten haben wir jetzt betrachtet. Jetzt ist es an der Zeit, die Eigenschaften vorzustellen, die Bestens- und begrenzte Aufträge auszeichnen. Diese Eigenschaften sind so bedeutsam und grundlegend, dass wir sie hier hervorheben wollen:

Bei einem Bestensauftrag ist zwar gewährleistet, dass er ausgeführt wird, er garantiert jedoch nicht den Preis/Kurs, zu dem er ausgeführt wird. Ein begrenzter Auftrag garantiert den Preis/Kurs, zu dem er ausgeführt wird, aber nicht, dass er ausgeführt wird.

Ein Bestensauftrag ändert den Preis/Kurs in die für ihn selbst ungünstige Richtung und unterliegt Schwund, wird dafür aber immer ausgeführt. Ein begrenzter Auftrag dagegen ändert den Kurs nicht und unterliegt auch keinem Schwund, aber dafür kann es auch vorkommen, dass er gar nicht ausgeführt wird.

Natürlich kann die Ausführung auch an der fehlenden Liquidität des betreffenden Marktes scheitern, aber Märkte mit einer derart geringen Liquidität sollte man ohnedies meiden, und wir betrachten hier keine Grenzfälle.

Darüber hinaus haben wir herausgearbeitet, dass ein Auftrag im Zuge eines oder mehrerer getätigter Abschlüsse erfüllt wird. Dabei kann die Ausführung des Auftrags selbst vollständig, teilweise oder gar nicht erfolgen. Diese wichtigen Eigenschaften sind bei der Entwicklung eines zuverlässigen Handelssystems zu berücksichtigen. Noch wichtiger sind sie für Kurssicherungssysteme der Art Hedge Terminal, bei denen Abschlüsse und Aufträge miteinander zu einer einheitlichen logischen Transaktion mit Marktein- und Marktausstiegspunkt sowie mit unterstützenden Aufträgen zur Umsetzung der Vorgänge Stop Loss und Take Profit verbunden werden.

Welche Auftragsarten zum Einsatz kommen, entscheidet jeder Händler selbst. Dabei besitzt jedoch keine der Auftragsarten klar erkennbare Vorteile gegenüber den übrigen. Auf sich schnell ändernden Märkten ist es bisweilen vorteilhafter, mit einem Bestensauftrag mit großem Schwund einzusteigen, als einen begrenzten Auftrag zu platzieren, der dann nur teilweise oder gar nicht ausgeführt wird.

Auf Märkten mit großer Liquidität und beim Handel mit kleinen Mengen ist der Schwund geringfügiger und die bei der Ausführung von Bestensaufträgen entstehenden Kosten können niedriger sein als der durch die teilweise Auftragsausführung entgangene Gewinn. Andererseits ist die Platzierung von Bestensaufträgen auf trägen Märkten oder solchen mit geringer Liquidität nicht ganz risikolos. Sie kann zu einem großen Schwund bis hin zur Zahlungsunfähigkeit des betreffenden Händlers führen. Wie dem auch sei, die eigenen Erwartungen müssen stets auf den Kurs, den der Markt zu bieten imstande ist, abgestimmt werden.


1.12. Nachfrage und Angebot allgemein, Verkaufs- und Kaufaufträge

Damit haben wir die begrenzten Aufträge und den Vorgang ihrer Ausführung abgeschlossen und kommen jetzt zur Vorstellung einiger interessanter Merkmale, die auf zentralisierten Handelsplätzen, zu denen auch die Moskauer Börse gehört, zu beobachten sind.

An der Börse tätigen Tag für Tag zahllose Händler Abschlüsse. Viele von ihnen erteilen begrenzte Aufträge, zahlreiche andere dagegen kaufen zum aktuellen Börsenkurs. Abschlüsse zum aktuellen Börsenkurs werden augenblicklich ausgeführt. Vereinfacht ausgedrückt kommt der Händler zum Markt, sieht den Kurs und kauft.

Bis zum Zeitpunkt des Kaufs, ist die Absicht des Käufers unbekannt. Bei begrenzten Aufträgen verhält sich das etwas anders.

Wir erinnern uns, dass ein begrenzter Auftrag keine Preisänderung bewirkt. In der Regel wird er in der Handelsübersicht platziert und wartet anschließend auf seine Ausführung, wenn der Kauf- bzw. Verkaufspreis passt. Dank dieses Umstandes kann die Börse eine interessante Statistik bezüglich dieser bedingten Absichtserklärungen anlegen. So kann man zum Beispiel die Gesamtzahl der Verkäufer und Käufer sowie die Gesamtnachfrage und das Gesamtangebot in Echtzeit beobachten.

  • Bei der Gesamtnachfrage handelt es sich um die Anzahl aller Verträge, die zu begrenzten (bedingten) Preisen gekauft werden sollen. Eigentlich ist das nichts anderes als die Gesamtliquidität der Handelsübersicht aus der Perspektive der Nachfrage.
  • Das Gesamtangebot besteht aus der Anzahl aller Verträge, die zu begrenzten (bedingten) Preisen verkauft werden sollen. Ähnlich wie die Gesamtnachfrage gibt das Gesamtangebot die Gesamtliquidität der Börsenhandelsübersicht allerdings aus der Sicht des Angebots wieder.
  • DieGesamtzahl der Verkäufer steht für alle Verkäufer, die bereit sind, Vermögenswerte zu von ihnen selbst festgelegten Grenzpreisen zu veräußern.
  • Hinter der Gesamtzahl der Käufer verbergen sich alle Käufer, die bereit sind, Vermögenswerte zu von ihnen selbst festgelegten Grenzpreisen zu erwerben.

Die Analyse der Angaben bezüglich der Dynamik von Gesamtnachfrage und -angebot sowie zu der Veränderung der Anzahl der entsprechenden Marktteilnehmer kann einen Beitrag zur Entwicklung interessanter Strategien auf der Grundlage des antizipierten Verhaltens der Masse leisten. Derartige Strategien werden auch als Stimmungs- oder Sentimentanalysen bezeichnet.

Dank der Besonderheiten der Börsenorganisation sind diese Angaben in Echtzeit abrufbar. MetaTrader 5 kann sie empfangen. Aber die Programminstanz auf dem Ausgabegerät (Terminal) bietet anders als das vergleichbare Programm Quik keine etatmäßige Tabelle oder Übersicht zur Abbildung dieser Angaben. Allerdings lassen sich mithilfe der MetaTrader 5 eigenen Programmiersprache MQL5 benutzerdefinierte Tabellen in beliebiger Form oder besondere Kursänderungsdiagramme anlegen, die diese Angaben genauso darbieten, wie der Anwender sie benötigt. Die Entwicklung derartiger Programme sprengt den Rahmen dieses Beitrages, weshalb wir uns hier nicht mit der Programmierung solcher „Indikatoren“ befassen werden (was eine sehr spannende, aber auch langwierige Übung wäre).

Wir bedienen uns stattdessen einer bereits fertigen Lösung. Für MetaTrader 5 wurden bereits unzählige Programme zur Lösung der einen oder anderen Aufgabe geschrieben. Sie sind entweder in der als Code Base bezeichneten Sammlung offener (freier) Quellcodes oder in dem Markt für Handelsanwendungen für MetaTrader erhältlich.

In Letzterem finden Sie sowohl kostenlose als auch entgeltliche Lösungen. Eines dieser Programme ist IShift von Jurij Kulikov. Es ermöglicht die Echtzeitüberwachung von Veränderungen der Nachfrage und des Angebotes sowie der Anzahl der Händler, die Börsenverträge kaufen oder verkaufen möchten. Genau das ist es, was wir brauchen, um diese Merkmale zu veranschaulichen.

Die Dynamik von Angebot und Nachfrage ist in diesem Programm im oberen Teil zu sehen und wird ganz am Anfang des Films durch den entsprechenden Stimmungspfeil „Session buy/sell volume sentiment“ hervorgehoben:

Diese Information wird nur für zentralisierte Handelsplätze bereitgestellt. Das ermöglicht die Entwicklung besonderer Strategien, die nur auf einem zentralisierten Markt funktionieren.


1.13. Vergleich der Systeme zur Ausführung von Bestensaufträgen und die Abbildung von Handelsoperationen in MetaTrader 5 und MetaTrader 4

MetaTrader 4, die vorhergehende Fassung des Programms MetaTrader 5 vermittelt eine vereinfachte Vorstellung von den Operationen der Börsen- und Devisenhändler. Im Grunde wird in MetaTrader 4 jede Transaktion als eigener Auftrag dargestellt, Ein Auftrag in MetaTrader 4 kann schwebend (pending), aufgehoben, offen oder geschlossen sein. Die Begriffe „offener“ oder „geschlossener Auftrag“ sind an der Börse ohne Sinn, da es sich bei einem Börsenauftrag wie oben dargelegt um eine Anweisung zum Abschluss eines Kauf- oder Verkaufsvorgangs handelt. Dieser Auftrag wird entweder ausgeführt oder nicht. Er selbst kann weder „geschlossen“ noch zum aktuellen Kurs zurückverkauft werden. Es können lediglich die auf der Grundlage dieses Auftrages erworbenen Vermögenswerte ver- oder zurückverkauft werden, indem an der Börse ein gegenläufiger Auftrag platziert wird.

Somit unterscheidet sich eine börsliche Handelsanweisung und besonders ein Auftrag in MetaTrader 5 ganz wesentlich von dem, was in MetaTrader 4 mit dem Begriff Auftrag gemeint war. In MetaTrader 4 handelt es sich bei einem Auftrag um eine Art Transaktion, in der Marktein- und -ausstieg vereint sind. Darüber hinaus beinhaltet sie wahlweise weitere Bedingungen zur Begrenzung des größtmöglichen Verlustes aus dieser Transkation (StopLoss) und/oder zur Festschreibung einer bestimmten Gewinngrenze (TakeProfit). In MetaTrader 5 dagegen ist ein Auftrag, was er sein sollte, eine gewöhnliche Anweisung zum Kauf oder Verkauf.

In MetaTrader 4 verrät ein ausgeführter Auftrag nichts darüber, wer ihn ausgeführt hat. Dagegen erfolgt die Ausführung in MetaTrader 5 mithilfe von Abschlüssen. Diese vermitteln eine Vorstellung davon, durch wie viele Vertragspartner und zu welchen Kursen unser Auftrag erfüllt wurde. Damit steigt die Transparenz der Ausführung, denn jetzt sind diese Angaben verfügbar.

In MetaTrader 5 können wir anhand der Analyse der Handelsübersicht bereits vor der Tätigung eines Abschlusses die ungefähre Größe unseres Schwunds berechnen. In MetaTrader 4 ist das nicht möglich.

In MetaTrader 5 ist die teilweise Ausführung von Aufträgen durch die voneinander unabhängige Erteilung von Handelsanweisungen und Abschlüssen anschaulich umgesetzt. Tatsächlich entspricht der Gesamtumfang der zu dem betreffenden Auftrag gehörenden Abschlüsse entweder dem in diesem Auftrag angegebenen Umfang, dann ist der Auftrag erfüllt, oder er ist geringer als der angegebene Umfang, dann gilt der Auftrag als noch im Stadium seiner Ausführung befindlich oder als teilweise erfüllt. In MetaTrader 4 kann die Ausführung eines Auftrages unter den Bedingungen des echten Handels mit großen Mengen ebenfalls teilweise erfolgen. In diesem Fall wird jedoch nicht klar, ob es sich bei der teilweisen Erfüllung um die Folge eines tatsächlichen Liquiditätsmangels handelt, oder ob sie durch dem erfolgreichen Handeln des Auftraggebers zuwiderlaufende Maßnahmen eines Maklers bedingt ist. Denn es gibt einfach keine Informationen, die die teilweise Ausführung (der Abschlüsse) bestätigt.

Die Ausführung einer Handelsanweisung kann nur in Einzelfällen für sich allein (auf einen Schlag) erfolgen. Häufig nimmt sie jedoch längere Zeit in Anspruch. Ein Beispiel für eine derartige Ausführung liefert der Abschnitt, in dem die teilweise Erfüllung eines begrenzten Auftrages beschrieben wird. Ein Teil des Gesamtumfangs dieses Auftrages wurde mithilfe einiger Abschlüsse unverzüglich ausgeführt, während ein anderer Teil in den „Wartestand“ versetzt wurde, wo er auf die entsprechenden Preise wartet. Der Auftrag befindet sich dabei im Stadium seiner Ausführung und bringt immer neue Abschlüsse hervor.

Dank der getätigten Abschlüsse ist der Stand des jeweiligen Auftrages stets gut nachvollziehbar und äußerst transparent. Der Grad der Erfüllung des jeweiligen Auftrages kann jederzeit anhand dieser Abschlüsse abgelesen werden. In MetaTrader 4 ist der Stand des Auftrages bei seiner Ausführung unbestimmt. Was mit ihm bei der Ausführung geschieht, bleibt im Verborgenen.


Kapitel 2. Verrechnungsverfahren im Terminhandelsbereich der Moskauer Börse

Dieses Kapitel wird sowohl diejenigen interessieren, die bereits im Terminhandelsbereich der Moskauer Börse tätig sind, als auch die, die bisher nur einen Blick auf diesen Börsenplatz geworfen haben und gegebenenfalls beabsichtigen, ihren Handel in Zukunft dorthin zu verlagern

Im ersten Kapitel haben wir bereits die Besonderheiten der Bildung von Börsenkursen kennengelernt. Jetzt ist es Zeit zu verstehen, wie die Börse selbst die Abrechnung zwischen den Marktteilnehmern handhabt. Diese Information hilft uns dabei nachzuvollziehen, wie ein Börsenmakler unsere Positionen und die von uns getätigten Abschlüsse sieht. Diese Sichtweise unterscheidet sich ganz wesentlich von den Vorstellungen in MetaTrader 4, wo jede Handelsoperation als eigenständige Transaktion mit einem jeweils ihr selbst entsprechenden Einzelergebnis betrachtet wird.

Wir betrachten die Verrechnungsberechnungen am Beispiel des Terminhandelsbereichs der Moskauer Börse, also des Bereichs, in dem Terminverträge und Bezugsrechte (Optionen) gehandelt werden. Das ist dadurch bedingt, dass MetaTrader 5 Mitte 2011 die Zulassung zur RTS (der Russisches Handelssystem genannten Börse) erhielt, die heute mit der Moskauer Interbankendevisenbörse MICEX zur Moskauer Börse verschmolzen ist.


2.1. Der Begriff Terminkontrakt

Terminkontrakte und auf Terminkontrakten beruhende Bezugsrechte (Optionen) werden im Terminhandelsbereich der Moskauer Börse gehandelt.

Ein Terminkontrakt (Future) ist ein genormter, bis zu einem bestimmten Datum (dem Auslauftermin des Terminkontrakts) gültiger Vertrag zur Lieferung von Waren.

Waren können alle Vermögenswerte sein, seien es Unternehmensaktien, Gold, Devisen oder sogar Aktienindices, die selbst keinen physischen Wert darstellen. Ein Terminkontrakt wird zwischen Verkäufer und Käufer geschlossen. Der Verkäufer verpflichtet sich, die Ware zu einem vorher festgelegten Termin zum aktuellen Preis zu liefern, und der Käufer verpflichtet sich, dem Verkäufer die Ware zu diesem Preis abzunehmen. Natürlich kann sich der Preis für die Ware bis zum Liefertermin ebenso nach oben wie nach unten ändern. Deshalb unterliegen sowohl der Verkäufer als auch der Käufer eines Terminkontrakts durch Preisänderungen bedingten Risiken.

Ein Preisrückgang zum Auslauftermin eines Terminkontraktes ist vorteilhaft für den Verkäufer, da er die Ware bereits vorher zu einem höheren Preis verkauft hat. Eine Preissteigerung dagegen nützt dem Käufer, der die Ware ja bereits erworben hat und zwar zu einem günstigeren Preis. Somit ist die Differenz zwischen dem Preis zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses und dem Preis zum Zeitpunkt seiner Erfüllung überaus wichtig. Der Verkäufer und der Käufer können sich darauf einigen, dass keine physische Übergabe der Ware erfolgt. Stattdessen erhalten sie lediglich die Differenz zwischen dem Preis beim Abschluss des Terminkontraktes und dem bei dessen Auslaufen. Auf diese Weise verrechnete Verträge werden als Terminkontrakte mit Barausgleich bezeichnet.

Im Gegensatz dazu heißen Terminkontrakte, nach deren Auslaufen die Ware tatsächlich ausgeliefert wird, physisch. Die Beschreibung der Abläufe der Lieferung liegt jenseits der Grenzen dieses Beitrags, weshalb wir in unseren Beispielen und Berechnungen zu Terminkontrakten von solchen mit Barausgleich ausgehen werden, da sie leichter zu verstehen sind und ihr Verrechnungsmodell bis zum Zeitpunkt ihres Auslaufens dem der physischen Terminkontrakte entspricht. In der Tat erinnern Terminkontrakte mit Barausgleich an zwischen zwei Marktteilnehmern abgeschlossene Differenzkontrakte oder CFD (Contract For Difference), bieten jedoch eine größere Transparenz und werden auf zentralisierten Handelsplätzen wie dem Terminhandelsbereich der Moskauer Börse gehandelt.

Unübersehbar erzielt eine der Vertragsparteien im Moment der Verrechnung des geschlossenen Terminkontraktes aufgrund der Preisänderung eine negatives Ergebnis, die andere ein positives. Ihre Ergebnisse sind unterschiedlich, was die realen Werte betrifft, aber ihr absoluter Betrag ist identisch. Man könnte also sagen, dass der Handel mit Terminkontrakten ein Nullsummenspiel ist. Aber obwohl der Betrag des Verlusts und des Gewinns für alle Beteiligten derselbe ist, kann er sich ungleichmäßig auf sie verteilen, was bedeutet, dass sich Gewinne auf Kosten weniger gut informierter Marktteilnehmer erzielen lassen.

Schauen wir uns ein konkretes Beispiel an. Am 5. August 2014 haben wir um 10:00 Uhr einen Terminkontrakt mit Barausgleich auf Gold zu 1.292,10 $ je Feinunze gekauft, das heißt, wir sind in eine lange Position eingetragen. Der Auslauftermin ist der 7. August 2014 um 18:45 Uhr. Wir nehmen an, dass der Goldpreis bis zu diesem Zeitpunkt steigt und sich auf 1.306,60 $ beläuft. Die andere Vertragspartei bei diesem Abschluss ist verpflichtet, uns die Differenz zwischen den beiden Preisen zu bezahlen.

Somit erhalten wir am Auslauftermin einen Gewinn in Höhe von 14,50 $ (1.306,60 - 1.292,10 = 14,50) von der anderen Vertragspartei. Wäre der Goldpreis in diesem Zeitraum gefallen, müssten wir die Differenz zahlen.

Die folgende Abbildung zeigt diese Situation:

Abb. 8. Ein Terminkontrakt und sein Auslauftermin

Abbildung 8. Ein Terminkontrakt und sein Auslauftermin

Die senkrechten gestrichelten Linien zeigen die Zeitpunkte des Einstiegs in eine Position und des Ausstiegs aus dieser infolge des Auslaufens des betreffenden Terminkontraktes an.

Wir müssen aber nicht unbedingt solange warten, bis der Terminkontrakt ausläuft. Wir können jederzeit aus dem Geschäft aussteigen, indem wir unseren erworbenen Vertrag an einen anderen Marktteilnehmer weiterverkaufen.

In diesem Fall erfolgt die Abrechnung mit uns nach demselben Muster wie zum Zeitpunkt des Auslaufens des Terminkontraktes: Die Differenz zwischen dem Kauf- und dem Verkaufspreis des Vertrages wird unserem Konto entweder gutgeschrieben oder belastet. Wie diese Preisdifferenz berechnet wird, weicht jedoch erheblich von den gewöhnlichen Vorstellungen ab. Mit diesen Unterschieden und Nuancen befassen wir uns später.


2.2. Die Begriffe „offenes Interesse“ und „Gesamtzahl offener Positionen“

Aus der Definition für Terminkontrakte ergibt sich eine interessante Eigenschaft, die nur Verträge dieser Art aufweisen können.

Bei Terminkontrakten gibt es im Unterschied zu Effektivgütern, etwa Wertpapieren oder Devisen, stets zwei beteiligte Vertragsparteien. Die eine verkauft und die andere erwirbt den entsprechenden Vertrag.

Nehmen wir an, Händler A beschließt einen Terminkontrakt zu erwerben. Der Markt bietet ihm zwei Möglichkeiten:

  1. Er kann Händler B einen von diesem zuvor erworbenen Terminkontrakt abkaufen. Tatsächlich überträgt der Händler B seine vertraglichen Rechte dabei auf Händler A. In diesem Fall erübrigt sich der Abschluss eines neuen Vertrages, es genügt die Übergabe des bestehenden Vertrages von Händler B an Händler A. Dabei räumt Händler B seinen Platz im Markt, den jetzt Händler A einnimmt. Die Gesamtzahl der Marktteilnehmer bleibt unverändert.
  2. Nach dem Eintritt in den Markt kann der Händler A niemanden finden, der bereit ist, ihm sein Eigentumsrecht an einem Vertrag abzutreten. In diesem Fall muss er den Markteintritt des neuen Händlers C abwarten der einen neuen Vertrag mit ihm abschließen und ihm seinem Terminkontrakt verkaufen möchte. Dadurch steigt die Gesamtzahl der Marktteilnehmer um zwei: die neuen Händler A und C treten in den Markt ein.

Auf diese Weise entspricht die Gesamtzahl der Positionen der Gesamtzahl der in Bezug auf Terminkontrakte abgeschlossenen Positionen. Es handelt sich dabei stets um eine gerade Zahl, jeder Vertrag zwei beteiligte Parteien aufweist.

Als Offenes Interesse oder OI gilt die Anzahl der abgeschlossenen Terminkontrakte. Zur Ermittlung des OI reicht es aus, die Gesamtzahl der Positionen durch zwei zu teilen.

Allerdings kann die Gesamtzahl der Marktteilnehmer nicht nur steigen, sondern auch fallen. Aus vergleichbaren Gründen werden die entsprechenden Verträge nichtig, wenn zwei Händler auf jeweils unterschiedlichen Seiten eines Abschlusses in gegenseitigem Einvernehmen aus dem Markt aussteigen möchten. In diesem Fall sinkt die Anzahl der Marktteilnehmer um zwei und das Offene Interesse, das die Gesamtzahl der Verträge widerspiegelt um eins, da ja ein Vertrag bekanntlich für zwei beteiligte Parteien steht.

Aufgrund der Besonderheiten ihres Aufbaus besitz die Moskauer Börse die einzigartige Möglichkeit, die Gesamtzahl der Marktteilnehmer in Echtzeit zu verfolgen. An anderen Börsen sind diese Angaben in der Regel nur begrenzt verfügbar. An der Chicagoer Warenbörse (CME) werden die Informationen zum Offenen Interesse lediglich am Ende des Börsentages berechnet und erst einige Tage nach Handelsschluss veröffentlicht.

In MetaTrader 5 sind die Angaben zum Offenen Interesse (der Anzahl der offenen Positionen) in Echtzeit verfügbar, aber um auf sie zugreifen zu können, bedarf es bestimmter in MQL5 programmierter Programme. Einige Informationen dazu sowie zu einem dieser Programme bietet der Abschnitt 1.12. Nachfrage und Angebot allgemein, Verkaufs- und Kaufaufträge dieses Artikels.


2.3. Sicherheitseinbehalt bei Terminkontrakten Der Begriff Hebelwirkung

Da es sich bei Terminkontrakten um Warenverträge handelt und nicht um Waren selbst, kann man sie kaufen und verkaufen, ohne die Ware tatsächlich zu besitzen. Dabei haben die Marktteilnehmer einerseits die Möglichkeit, die Ware unabhängig von ihrem Wert zu handeln, andererseits kann sich ihre absolute Preisdynamik für Marktteilnehmer mit kleinen Einlagebeständen als zu groß erweisen.

Wenn der Goldpreis beispielsweise von 1.292,10 auf 1.306,60 $ gestiegen ist, kann man sagen der Preisanstieg beträgt 1,1% ([1.306,60 $ - 1.292,1o $]/1.292,10 $). Wenn wir auf der anderen Seite einen Terminkontrakt für den Verkauf abschließen und auf unseren Konto 100 $ haben, würde die gleiche Goldpreisänderung den Abzug von 14,50 $ von unserem Konto nach sich ziehen, das entspricht einem Minus von 14,5%. Und das ist alles andere als ein unbedeutender Wert.

Um den Wunsch der Marktteilnehmer, mit ihren jeweiligen Möglichkeiten auf dem Markt Abschlüsse zu tätigen, auszubalancieren, erheben die Börsen einen Sicherheitseinbehalt oder SE, eine besondere Einlage als Sicherheitsleistung für die Zahlungsfähigkeit des jeweiligen Marktteilnehmers. Das Verhältnis zwischen dem Sicherheitseinbehalt und dem jeweils aktuellen Kursniveau für den entsprechenden Terminkontrakt wird gemeinhin als maximale Hebelwirkung bezeichnet. Es sei darauf hingewiesen, dass es sich bei der Hebelwirkung gemäß der klassischen Definition um das Verhältnis zwischen dem beim Kauf eines Vermögenwertes eingesetzten Eigen- und Fremdkapital handelt. Im Terminhandel entfällt der Begriff Fremdkapital, da kein physischer Erwerb der Ware erfolgt. Der Börsenmakler gewährt uns kein Darlehen, und wir zahlen keine Zinsen dafür.

Als Beispiel dienen uns die Eigenschaften eines im Terminhandelsbereich der Moskauer Börse gehandelten Terminkontraktes auf Gold.

Dazu öffnen wir eine mit einem Börsenmakler, der uns Zugang zur Moskauer Börse verschafft, verbundene Programminstanz von MetaTrader 5 und wählen im Fenster der Marktübersicht das Instrument „GOLD-9.14“ bzw. ergänzen es, wenn es dort nicht aufgeführt ist, indem wir es in dem Fenster „Kürzel“ auswählen:

Abbildung 9. Zugriff auf die Eigenschaften des Finanzinstrumentes über das Menü von MetaTrader 5

Abbildung 9. Zugriff auf die Eigenschaften des Finanzinstrumentes über das Menü von MetaTrader 5

Nach dem Aufruf des Kontextmenüs des betreffenden Finanzinstrumentes durch Betätigung der rechten Maustaste wählen wir den Bereich „Eigenschaften...“ (Specification...).

Abbildung 10. Fenster mit den Eigenschaften des Terminkontraktes

Abbildung 10. Fenster mit den Eigenschaften des Terminkontraktes

Der Wert des Sicherheitseinbehaltes für das betreffende Finanzinstrument (Kürzel) wird in dem Feld „Sicherheitseinbehalt“ (Initial Margin) ausgewiesen. Er entspricht 5.267.80 RUB. Alle Berechnungen an der Moskauer Börse erfolgen in Rubel (RUB), weswegen alle Werte in dieser Währung ausgewiesen werden. Was sagt diese Zahl aus?

Beim Abschluss eines Vertrages wird dieser Betrag von dem Börsenmakler auf unserem Konto als Sicherheitsleistung eingefroren. Bei einem Gesamtguthaben von 5.268 RUB sind wir in der Lage, einen Terminkontrakt zum Kauf oder Verkauf von 1 Feinunze Gold zu erwerben. Man kann sich leicht ausrechnen, dass unsere relative Hebelwirkung bei einem Goldpreis von 1.292,10 $ und einem Wechselkurs von 38,7365 RUB je $ bei (1.292,10 * 38,7365) / 5.268 = 9,5 oder 1:9,5 liegen dürfte.

Der Umstand, dass der Sicherheitseinbehalt deutlich geringer ausfällt als der Preis der Ware, auf den sich der Terminkontrakt bezieht, ermöglicht die Verfolgung komplexer Diversifizierungsstrategien, in denen Terminkontrakte mit risikolosen Vermögenswerten kombiniert werden. Zum Beispiel könnten wir statt einfach Gold zu kaufen, einen Terminkontrakt mit Barausgleich auf Gold mit einer Hebelwirkung von 1:1 erwerben, dazu müssten wir auf unser Handelskonto bei dem Makler lediglich den Sicherheitseinbehalt sowie zusätzliche Mittel zur Deckung der Risiken im Fall unerwünschter Kursänderungen einzahlen und könnten den Restbetrag festverzinslich und risikolos bei einer Bank anlegen.


2.4. Der Begriff Verrechnung

Der Kurs kann sich von dem Zeitpunkt der Tätigung des Abschlusses bis zu dessen Ausführung erheblich verändern. Die Differenz zwischen dem Kauf- oder Verkaufspreis und dem Endpreis kann so groß sein, dass eine der Vertragsparteien ihre Verpflichtungen nicht mehr erfüllen kann. Damit es dazu nicht kommt, führt die Börse regelmäßig eine Verrechnung zwischen allen Marktteilnehmern durch, bei der die Kursdifferenz in die Gewinne und Verluste der einzelnen Marktteilnehmer umgerechnet wird.

Diese Umverteilung wird als Verrechnung bezeichnet. Zur Durchführung der Verrechnungsberechnungen bedient sich die Börse einer als Verrechnungsstelle bezeichneten unabhängigen Einrichtung des Finanzwesens. Dadurch kommt es zwischen den Marktteilnehmern nicht zu Interessenkonflikten, und die Transparenz und Unvoreingenommenheit der Berechnungen wird gewährleistet.

Mithilfe des Verrechnungsverfahrens überwacht die Börse die Risiken der Vertragsparteien und sichert die Erfüllung ihrer gegenseitigen vertraglichen Verpflichtungen. An der Moskauer Börse erfolgt die tatsächliche Belastung oder Gutschrift auf das Konto im Moment der Verrechnung oder bei der gegenseitigen Aufrechnung zwischen den Vertragsparteien und nicht wie in MetaTrader 4 üblich zum Zeitpunkt der Schließung des Auftrages.

Der Börsenmakler, der den Zugang über die Plattformen MetaTrader 4 und 5 gewährt, überwacht auch das Risiko seiner Klienten in Echtzeit. Wenn eine offene Position in MetaTrader 5 oder ein Auftrag in MetaTrader 4 die kritische Verlustgrenze erreicht hat, wird sie von dem Makler umgehend geschlossen, wobei eine zusätzliche Sicherheitsleistung angefordert wird (Margin Call). An der Moskauer Börse erfolgt die Aufforderung zur Hinterlegung einer zusätzlichen Sicherheitsleistung im Moment der Verrechnung, da genau dann die tatsächliche Umverteilung der Finanzmittel der Marktteilnehmer vorgenommen wird.

Die Verrechnung ist aufwendig und langwierig. An der Moskauer Börse (der Nachfolgerin von MICEX und FORTS) erfolgt die Verrechnung zweimal am Tag: zwischen 14:00 Uhr und 14:03 Uhr (innertägliche Verrechnung) sowie zwischen 18:45 Uhr und 19:00 Uhr (abendliche Verrechnung). Während dieser Zeiten findet kein Handel statt. Vor dem Handelsschluss vor der Verrechnung legt die Börse den Kurs des letzten Abschlusses fest. Dieser Kurs wird Verrechnungskurs genannt. Es ist der für alle Marktteilnehmer geltende Verrechnungskurs. Alle getätigten Abschlüsse und zum Zeitpunkt der letzten Verrechnung bereits eröffneten Positionen werden auf diesen Kurs abgestimmt. Etwas weiter unten kommen wir zur innertäglichen Verrechnung, aber jetzt konzentrieren wir uns erst einmal auf die wichtigere abendliche Verrechnung.


2.5. Übertragung von Positionen im Zuge der Verrechnung

Also kommen wir wieder auf unsere lange Position in Gold zurück und untersuchen sie aus der Perspektive des Börsenmaklers und der Verrechnungsstelle der Börse.

Für den Devisenhändler wurde die lange Position am 05. 08. 2014 um 10:00 Uhr bei einem Kurs von 1.292,10 $ eröffnet und am 07. 08. 2014 um 18:45 Uhr bei einem Kurs von 1.306,60 $ mit einem Gewinn von 14,5 $ geschlossen. Zwischen diesen beiden Ereignissen sind jedoch zwei Tage vergangen, und die Verrechnungsstelle der Börse hat drei Mal eine Verrechnung unter allen Marktteilnehmern durchgeführt und die entsprechenden Verrechnungskurse festgesetzt.

Wir stellen unsere Handelsposition in Form einer Tabelle dar, in der Zeitpunkt, Kurs und Ereignis angegeben werden:

DatumPreis, in $ Ereignis
05.08.2014 10:00 1.292,10 Einstieg in eine lange Position in Gold
05.08.2014 18:45 1.284,90 Abendliche Verrechnung
06.08.2014 18:45 1.307,60 Abendliche Verrechnung
07.08.2014 18:45 1.306,60 Abendliche Verrechnung Auslaufen des Terminkontrakts. Schließen der langen Position.

Tabelle 16. Übertragung von Positionen im Zuge der Verrechnung

Wir können unsere lange Position grob in drei Abschnitte unterteilen, von denen jeder seinen jeweiligen Ein- und Ausstiegskurs sowie sein eigenes Ergebnis (die Differenz zwischen Ein- und Ausstiegskurs) aufweist. Dieser Vorgang der Übertragung von Positionen wird in Verbindung mit MetaTrader 5 gewöhnlich als „Rollover“ bezeichnet.

Wir bilden diese Aufteilung in Form der entsprechenden Tabelle ab:

Zeitraum Einstiegs-
kurs, in $
Ausstiegs-
kurs, in $
Ergebnis
, in $
Auslösendes Ereignis
05.08.2014 10:00 - 05.08.2014 18:45 1.292,10 1.284,90 -7,2 Einstieg in eine lange Position
05.08.2014 19:00 – 06.08.2014 18:45 1.284,90 1.307,60 +22,7 Positionsübertragung durch Verrechnung.
06.08.2014 19:00 – 07.08.2014 18:45 1.307,60 1.306,60 -1 Positionsübertragung durch Verrechnung.
Endergebnis: +14,5 Auslaufen des Terminkontrakts, Schließen der langen Position

Tabelle 17. Positionsübertragung durch Verrechnung

Das Gesamtergebnis beträgt in dem einen wie dem anderen Fall 14,5 $, wobei die Berechnung in Ersterem nur einmal zwischen dem Eröffnungs- und dem Schlusskurs der Position durchgeführt wurde, während im zweiten Fall eine kompliziertere Rechnung erforderlich war, bei der die Position in drei Zeitabschnitte unterteilt wurde. Das Ergebnis stimmt in beiden Fällen stets überein, weshalb die Ebene des Verrechnungskurses beliebig gewählt werden kann, sie muss nicht unbedingt dem tatsächlichen Preis des letzten Abschlusses entsprechen.

Das lässt sich leicht überprüfen, indem man den Verrechnungskurs durch einen beliebigen anderen Kurs ersetzt. Das Ergebnis stimmt erneut mit dem der klassischen Berechnung überein, da der aus der Kursdifferenz am ersten Tag vor der Verrechnung entstandene zusätzliche Gewinn oder Verlust stets durch zusätzliche Gewinne oder Verluste am zweiten Tag ausgeglichen wird. Übrigens stimmt der Verrechnungskurs nicht in allen Fällen genau mit dem Kurs des letzten auf dem Ausgabegerät verfügbaren Abschlusses überein.

In dem obigen Beispiel erhalten wir durch die Verrechnung de facto drei voneinander unabhängige Einzelpositionen. Diese Positionen weisen jeweils einen eigenen Einstiegs- und Ausstiegskurs sowie ein eigenes Ergebnis auf (s. Tabelle 17 oben). Zur Vereinfachung für die Händler wird jedoch in MetaTrader 5 nach der Verrechnung keine neue Position angelegt, obwohl das streng genommen getan werden müsste.

Stattdessen wird die alte Position beibehalten, aber mit einem geänderten Einstiegskurs. Dieser Kurs entspricht dem letzten Verrechnungskurs. Entsprechend ändert sich nach jeder Verrechnung auch der nicht realisierte Gewinn der betreffenden Position. Auch wenn die alte Position nach ihrer Übertragung im Zuge der Verrechnung erhalten bleibt, handelt es sich eigentlich um eine neue Position mit eigenem Eröffnungskurs und nicht realisiertem finanziellen Ergebnis.

Die oben vorgestellte Tabelle sowie unsere Ausführungen lassen sich am Beispiel des folgenden Diagramms besser veranschaulichen.

Abb. 11 Verrechnung und Positionsübertragung

Abbildung 11. Verrechnung und Positionsübertragung

2.6. Variable Sicherheitsleistung und untertägige Verrechnung

Einevariable Sicherheitsleistung ist das nicht durch die Verrechnung festgeschriebene finanzielle Ergebnis für das Konto. Bei der variablen Sicherheitsleistung handelt es sich um eine indikative Kenngröße zur Berechnung des ungefähren finanziellen Ergebnisses Ihrer Abschlüsse und offenen Positionen auf der Grundlage der aktuellen Kurswerte. Als Entsprechung zur variablen Sicherheitsleistung wird auf dem Devisenmarkt der Begriff „equity“ (Eigenkapital) verwendet. Das Fehlen der Festschreibung von Gewinn und Verlust auf dem Devisenmarkt kann unbegrenzt lange andauern.

An der Moskauer Börse schreibt die abendliche Verrechnung die variable Sicherheitsleistung unabhängig vom Wunsch des Händlers fest und bucht das entsprechende finanzielle Ergebnis auf sein Konto. Somit wird die variable Sicherheitsleistung jeden Abend bei der Verrechnung auf Null gesetzt.

Die innertägliche Verrechnung ist eine besondere zwischengeschaltete Verrechnung, die von der Moskauer Börse zur Bewertung der aktuellen Positionen der Marktteilnehmer und zur angemesseneren Neuverteilung der Risiken unter ihnen durchgeführt. Die variable Sicherheitsleistung wird bei der innertäglichen Verrechnung in eine besondere Rubrik des Handelskontos, die „summierten Erträge“ eingetragen. Anders als die variable Sicherheitsleistung können die summierten Erträge als zusätzlicher Sicherheitseinbehalt für neue Abschlüsse sowie zur Vergrößerung der Gesamtposition in dem entsprechenden Finanzinstrument eingesetzt werden. Allerdings wird der Wert der der summierten Erträge in die abendliche Hauptverrechnung nicht einbezogen, weswegen die innertägliche Verrechnung im Allgemeinen vernachlässigt werden kann.


2.7. Der obere und der untere Grenzkurs

Die innertägliche und die abendliche Verrechnung bewältigen erfolgreich die Neuverteilung der finanziellen Verantwortung zwischen Beteiligten an Börsengeschäften sowie die Überwachung ihrer Risiken. Aber manchmal erweisen sich diese Maßnahmen als nicht ausreichend. In für den Markt besonders dramatischen Augenblicken kann sich der Kurs für kurze Zeit so stark ändert, dass bis zum Zeitpunkt der nächsten Verrechnung viele der Marktteilnehmer ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen können. Damit das nicht passiert, legt die Börse einen oberen und einen unteren Grenzkurs fest, bei deren Erreichen eine vorübergehende Einschränkung des Empfangs von Handelsanweisungen sowie die Umverteilung der Verpflichtungen der Marktteilnehmer erfolgen.

Die Grenzkurse werden für jeden Markt bei der Eröffnung eines neuen Handelszeitraums gesondert festgelegt. Wird ein Grenzkurs erreicht, setzt die Börse die Bearbeitung bestimmter Aufträge für einige Minuten aus, verteilt die Risiken neu auf die Marktteilnehmer und hebt die Einschränkungen nach der Berechnung neuer Grenzkurse auf der Grundlage des aktuellen Kurses wieder auf. Zusätzlich zur Überwachung der Risiken verschaffen die Grenzkurse den Marktteilnehmern „Verschnaufpausen“ zum Abkühlen: häufig entwickelt sich der Markt nach dem Erreichen eines Grenzkurses gegenläufig, oder der Handel beruhigt sich. Die Grenzkurse werden allerdings nur selten erreicht. Deshalb lassen sich aus diesen Fällen keine überzeugenden Statistiken zum Kursverhalten ableiten.

Die Grenzkurse werden auf der Webseite der Moskauer Börse angezeigt. So reicht es beispielsweise aus, sich die entsprechenden, in der Abbildung unten rot eingerahmten Rubriken in seinen Eigenschaften anzusehen, um den Grenzkurs für einen Terminkontrakt auf den bargeldlosen dollarbasierten Kurs Si-12.14 für den jeweils aktuellen Tag (12. 12. 2014) zu erfahren:

Abbildung 12. Oberer und unterer Grenzkurs auf der Seite mit den Vertragsmerkmalen

Abbildung 12. Oberer und unterer Grenzkurs auf der Seite mit den Vertragsmerkmalen

In MetaTrader 5 können die Grenzkurse über die Programmoberfläche abgerufen werden. Die Grenzkurse können beispielsweise mithilfe eines Skripts abgerufen und in auf dem Ausgabegerät angezeigt werden.

2014.12.12 13:04:07.875 GetLimitValue (Si-12.14,H1)     Lower price limit: 54177
2014.12.12 13:04:07.875 GetLimitValue (Si-12.14,H1)     Upper price limit: 57243

Schauen wir einmal, wie es im Diagramm aussieht, wenn der Grenzkurs erreicht wird. Nehmen wir den Terminkontrakt Si-12.14. Er beinhaltet dramatische Augenblicke in der Geschichte des Rubels. Im Grunde handelt es sich um seine weltweite Entwertung. In diesen Augenblicken sind die Kursschwankungen sehr stark und die Grenzkurse werden oft erreicht:


Grenzkurs

Abbildung 13. Grenzkurs erreicht

In dem Kursdiagramm oben erscheint das Erreichen des Grenzkurses als das aufeinander folgende Auftreten einiger Balken, deren Open High Low Close-Kurse gleich sind. Während eines Handelszeitraumes kann es mehrere Grenzkurse geben. Bei Erreichen eines Grenzkurses werden weiterhin Aufträge angenommen, allerdings dürfen deren Preise nicht höher als der obere bzw. niedriger als der untere Grenzkurs sein. Andernfalls wird der Auftrag von der Börse abgelehnt.

Das Erreichen eines Grenzkurses stellt automatische Handelssysteme vor eine echte Herausforderung. Sie müssen derartige Situationen ermitteln und ihre Logik korrekt abarbeiten. In einem gewissenhaft angelegten automatischen Börsenhandelssystem müssen sie ungeachtet ihres seltenen Eintretens berücksichtigt werden.


2.8. Wechselvorgänge und Berechnung des angezeigten Kurses

Die Ergebnisse der klassischen und der börslichen Berechnung stimmen nur dann überein, wenn der Rechenpunktwert stets gleich ist. Wird ein Terminkontrakt in einer anderen als der Währung des Kontos des betreffenden Händlers ausgewiesen, muss diese zusätzlich in die Kontowährung umgerechnet werden. Dazu wird an der Moskauer Börse ein besonderer indikativer Kurs verwendet, der auf einer Kombination des Kurses der Nachrichtenagentur Thomson Reuters mit dem eigenen, beim Handel mit Fremdwährungen in Bezug auf das entsprechende Kürzel im Devisenbereich der Börse erzielten Kurs.

Eine ausführliche Darstellung des Berechnungsverfahrens liefert das gleichnamige Dokument Verfahren zur Berechnung indikativer Devisenkurse auf dem Dateiserver der Börse. Wir konzentrieren uns auf die für das richtige Verständnis der Umrechnungsoperationen der Börse wesentlichen Punkte des Verfahrens.

Da der rechnerische Devisenkurs veränderlich ist, ändert sich auch der Punktwert eines Terminkontraktes, also der Kurs zu dem er in einer Fremdwährung notiert wird, ständig. Somit wird der auf dem Devisenkonto für ein und dieselbe Punktmenge ausgewiesene Wert von Verrechnung zu Verrechnung ein anderer sein. Uns ist bereits bekannt, dass die Börse das finanzielle Ergebnis bei der zwischen 18:45 und 19:00 Uhr stattfindenden abendlichen Verrechnung unter allen Marktteilnehmern neu verteilt.

Zum Zeitpunkt der abendlichen Verrechnung wird dieser Kurs als der bis zur letzten Minute vor 18:30 Uhr Moskauer Zeit beim Handel in der entsprechenden Währung erzielte Durchschnittskurs bestimmt. In ähnlicher Weise wird auch der Wechselkurs vor der innertäglichen Verrechnung als Durchschnittskurs bis zur letzten Minute vor 13:45 Uhr gebildet.

In den handelsfreien Zeiten des Devisenhandelsbereichs der Moskauer Börse kommt der Kurs von Thomson Reuters zur Anwendung. Uns interessieren jedoch nur zwei Notierungen: die des Kurses des letzten Abschlusses oder der Schlusskurs (Close) des Minutenbalkens um 14:44 Uhr sowie die des Kurses des letzten Abschlusses oder der Schlusskurs (Close) des Minutenbalkens um 18:29 Uhr.

Eine Aufstellung der entsprechenden Kurse für einen beliebigen Zeitraum findet man auf der Webseite der Börse unter http://moex.com/de/derivatives/currency-rate.aspx?currency=USD_RUB.

Diese Aufstellung ist sowohl in Form einer gewöhnlichen für die menschliche Wahrnehmung gut geeigneten Tabelle als auch in Form eines beispielsweise in Handelsalgorithmen zur exakteren Berechnung des Handelsergebnisses verwendbaren Dokumentes im Format XML erhältlich.

Abbildung 14. Indikative Devisenkurse auf moex.com

Abbildung 14. Indikative Devisenkurse auf moex.com

In MetaTrader 5 gibt es ein besonderes indikatives Währungspaar FORTS-USDRUB, das diese Kurse in Form eines Diagramms wiedergibt.

Hier sehen wir die Kurse in dem Diagramm:

Abbildung 15. Diagramm für das indikative Kürzel FORTS-USDRUB

Abbildung 15. Diagramm für das indikative Kürzel FORTS-USDRUB


2.9. Das Zusammentreffen von Abschlüssen und Positionen mit Verrechnungskurs

Jetzt, da wir eine allgemeine Vorstellung von dem Verfahren zur Berechnung von Terminkontrakten haben, versuchen wir, das finanzielle Ergebnis unserer Abschlüsse selbst zu berechnen, ohne uns der Berechnungen eines Maklers zu bedienen, weil ja bekanntlich der beste Umgang mit einem Problem darin besteht, seine Lösung in die eigene Hand zu nehmen.

Dazu stellen wir uns eine konkrete Aufgabe: Zwischen dem 24. 09. 2014 und dem 25. 09. 2014 wurden vier Aufträge zum Kauf und Verkauf von Gold platziert. Diese Aufträge wurden mittels mehrerer Abschlüsse ausgeführt.

Die folgende Tabelle stammt aus MetaTrader 5 und beschreibt die gegebene Situation:

Abbildung 16. Darstellung ausgeführter Handelsoperationen in MetaTrader 5

Abbildung 16. Darstellung ausgeführter Handelsoperationen in MetaTrader 5

Auf der Grundlage der in MetaTrader 5 abgebildeten Tabelle legen wir eine Tabelle an, in der die Berechnungen all dieser Handelsoperationen enthalten sind:

Tabelle 18. Vollständige Verrechnung

Tabelle 18. Vollständige Verrechnung

Die Aufträge sowie die Netto-Positionen in dieser Tabelle werden Oliv ausgewiesen, die Abschlüsse in Weiß und die Berechnungen in grau.

Die Clearing Day überschriebene Spalte verteilt die Handelsoperationen auf Verrechnungstage, jeweils den Zeitraum von 19:00 Uhr des Vortages bis 19:00 Uhr des jeweils aktuellen Tages. Die nächsten fünf Spalten kennen wir bereits aus der bereits vorgestellten Tabelle der Abschlüsse und Aufträge in MetaTrader 5. Sie enthalten den Zeitpunkt der Auftragserteilung oder der Tätigung des Abschlusses, die Ordnungszahl des Auftrags oder Abschlusses, den Kurs beim Einstieg in den Markt sowie den Umfang bzw. die Menge. Die Aufträge in der Kursspalte Price beinhalten den gewichteten Einstiegskurs aller dazugehörigen Abschlüsse.

Die Spalte Clearing Price liefert den Verrechnungskurs oder den Kurs des letzten Abschlusses der Handelsphase des Kürzels für das Datum des entsprechenden Verrechnungstages (ClearingDay). Dieser Kurs lässt sich mithilfe der Analyse des Schlusskurses des letzten Minutenbalkens um 18:44 Uhr ermitteln. Dieser Kurs wird auch in den Handelsergebnissen ausgewiesen. Dabei handelt es sich um eine besondere Tabelle, die von der Börse zu jedem Kürzel angelegt und in der Eigenschaftenrubrik zu dem entsprechenden Kürzel veröffentlicht wird.

Für unseren Goldvertrag ist sie zum Beispiel abrufbar unter: http://moex.com/de/derivatives/contractresults.aspx?code=GOLD-12.14:

Abb.17. Auf moex.com veröffentlichte Handelsergebnisse für einen Terminkontrakt

Abbildung 17. Auf moex.com veröffentlichte Handelsergebnisse für einen Terminkontrakt

Die Ergebnisspalte Result, $ beinhaltet die mit dem Umfang des Abschlusses multiplizierte Differenz zwischen dem Kurs bei Tätigung des Abschlusses und dem Verrechnungskurs. Sie wird bei Käufen berechnet als (Verrechnungskurs - Kurs bei Tätigung des Abschlusses) * Umfang des Abschlusses. Und bei Verkäufen entsprechend als: (Kurs bei Tätigung des Abschlusses - Verrechnungskurs) * Umfang des Abschlusses.

Die Wechselkursspalte Conversion Rate USD/RUB liefert den Wechselkurs um 18:30 Uhr des jeweils aktuellen Verrechnungstages. Wie bereits erwähnt ist dieser Kurs sowohl als indikatives Hilfsmittel in der MetaTrader 5-Instanz auf dem Ausgabegerät (Terminal) abrufbar als auch in Form einer gesonderten Wechselkurstabelle auf der Webseite der Börse.

In der Ergebnisspalte Result, RUB wird das Ergebnis aller Abschlüsse und Positionen in Rubel angegeben. In Kenntnis des Wechselkurses aus der Spalte Conversion Rate USD/RUB kann das Rubelergebnis eines jeden Abschlusses und jeder Position nach der folgenden Formel ganz leicht berechnet werden: Ergebnis, in $ * Wechselkurs USD/RUB. Der Abschluss mit der Ordnungszahl 1469806 hätte beispielsweise das Ergebnis: -3,2 $ * 38,2961 = -122,55 Rubel.

Die nächsten beiden Spalten enthalten die von der Börse und dem Maklerunternehmen für die Tätigung von Abschlüssen erhobenen Provisionen. Wir wollen uns ein wenig ausführlicher mit ihnen befassen. An der Moskauer Börse erhebt sowohl die Börse selbst als auch das Maklerunternehmen, durch das der Zugang zu ihr erfolgt, eine Provision. Das Maklerunternehmen berechnet seinen Kunden die Provision nach einem festen Satz.

Das Maklerunternehmen Otkrytie zum Beispiel berechnet Kunden, deren Kontostand 20.000 Rubel übersteigt, eine Provision von 0,71 Rubel je Vertragsabschluss. Eben dieser Betrag wird in der Tabelle als Grundprovision ausgewiesen. Die Berechnung der Provision der Börse selbst ist komplizierter. Der Umfang der Provision wird für jedes Kürzel einzeln festgelegt. Die Provision umfasst zwei Bestandteile und wird in der Rubrik mit den Vertragseigenschaften als Abschlussregistrierungsgebühr bzw. Provision für spekulative Abschlüsse ausgewiesen.

Für unseren Goldvertrag ist sie beispielsweise abrufbar unter: http://moex.com/de/contract.aspx?code=GOLD-12.14

Abb.18. Vertragseigenschaften auf moex.com

Abbildung 18. Vertragseigenschaften auf moex.com

Wie ein Makler erhebt die Börse auch eine Provision auf jeden ge- oder verkauften Vertrag, allerdings unterteilt die Börse alle getätigten Abschlüsse in spekulative und nichtspekulative. Als spekulativ gelten Abschlüsse, durch deren Umfang bei der Verrechnung keine Nettoposition geschaffen wird.

Wir erläutern das an einem Beispiel: Wenn in einem Handelszeitraum zwei Abschlüsse zum Verkauf bzw. zum Kauf eines Vertrage getätigt wurden, ist deren Gesamtumfang oder ihre Nettoposition bei der Verrechnung gleich Null: 1 buy + 1 sell = 0. Nach der Verrechnung wird keine Nettoposition gebildet. Beide Abschlüsse gelten als spekulativ und unterliegen dem entsprechenden Satz der Provision für spekulative Abschlüsse: 0,5 Rubel je Vertrag.

Werden in einem Handelszeitraum zwei Verträge gekauft werden, aber nur einer verkauft, dann wird bei der Verrechnung eine lange Nettoposition im Umfang von 1 Vertrag (2 buy + 1 sell = 1 buy) gebildet. Ein Vertrag bildet eine Nettoposition, weshalb er als nichtspekulativ betrachtet wird, während der verbleibende Umfang „spekulativ“ ist. Für den Abschluss von zwei spekulativen Verträgen wird 2 * 0,5 = 1 Rubel berechnet und ein weiterer Rubel für den nichtspekulativen Vertrag. Die Gesamtprovision beträgt 2 Rubel.

Zum Zeitpunkt seiner Tätigung ist noch nicht bekannt, ob es sich um einen spekulativen Abschluss handelt oder nicht. Deshalb kann die Provision für spekulative Abschlüsse sofort erhoben werden, während der verbleibende Teil der Provision für nichtspekulative Abschlüsse mit der Nettoposition im Moment ihrer Bildung abgerechnet wird. Dieses Verfahren ist einfacher und anschaulicher, weswegen es in der Tabelle oben verwendet wurde.

Die Formel für die Berechnung nach diesem Verfahren könnte etwa so aussehen:

Provision für spekulative Abschlüsse* (Betrag(buy) + Betrag(sell)) + (Provision für nichtspekulative Abschlüsse - Provision für spekulative Abschlüsse) * absoluter Betrag(Betrag(buy) - Betrag(sell))

Mit anderen Worten, der Umfang aller in einem Handelszeitraum getätigten Abschlüsse wird summiert und anschließend mit dem Provisionssatz für spekulative Abschlüsse multipliziert.

Danach wird der absolute Wert der Differenz zwischen dem konsolidierten Umfang aller Kauf- und Verkaufsabschlüsse (sie bildet den Umfang der Nettoposition) berechnet, diese Differenz wird ebenfalls mit der Grundprovision multipliziert (ist doch die Provision für nichtspekulative Abschlüsse genau zwei Mal so hoch wie die für spekulative) und dann zu dem ursprünglichen Provisionsbetrag addiert.

Nachdem alle Abschlüsse abgerechnet sind, wird bei der Verrechnung auf der Grundlage ihres konsolidierten Umfangs eine Nettoposition gebildet. Dieser Vorgang ist in der Tabelle als Bereitstellen einer Nettoposition (Initialize netto-position) gekennzeichnet und erscheint bei der Verrechnung am 24. 09. 2014 um 18:45 Uhr. Die Provisionen für den nichtspekulativen Teil in der Tabelle wurden aus ihr übernommen ((1,0 Rubel - 0,5 Rubel) * 10 Verträge = 5 Rubel).

Nach der Eröffnung des nächsten Handelszeitraums am 25. 09. 2014 um 19:00 Uhr wird damit begonnen, für diese Position eine variable Sicherheitsleistung, die Differenz zwischen dem Kurs bei der Eröffnung der Position (dem Verrechnungskurs vom 24. 09. 2014) und dem aktuellen Kurs, zu berechnen. Selbst wenn im Verlauf des Handelszeitraums Abschlüsse in gegenläufiger Richtung getätigt würden, würde diese trotzdem mit dem Verrechnungskurs verrechnet, nicht jedoch mit dieser Position.

Auf diese Weise bleiben die Abschlüsse und Positionen selbst bis zur Verrechnung bestehen, was in der folgenden Abbildung, die diese Handelsvorgänge in einem Diagramm wiedergibt, schön zu sehen ist:

Abb.19. Verrechnungsmodell

Abbildung 19. Verrechnungsmodell

Achten Sie bitte auf den letzten Tag, an dem die vorhandene Position mithilfe gegenläufiger Abschlüsse „geschlossen“ wurde. Eigentlich wurde die Position gar nicht geschlossen, es wurde lediglich ihr Kurs festgeschrieben. Die Position hat dennoch einen Verlust im Umfang von 105 $ erlitten, der jedoch durch den mithilfe der gegenläufigen Abschlüsse erzielten Gewinn von 89 $ annähernd ausgeglichen wird.


2.10. Eine nicht ganz geschlossene „geschlossene Position“

Eigentlich ist eine Nettoposition nichts anderes als die Annäherung an die Vorstellung von den Pflichten eines Devisenhändlers. Diese Verpflichtungen sind von dem Verrechnungskurs, dem Wechselkurs und der Einzelabrechnung eines jeden getätigten Abschlusses im Verlauf eines Verrechnungstages nicht zu trennen.

Den feinen Unterschied zwischen der Berechnung einer Nettoposition und der börslichen Berechnung kann man anhand des Auftretens einer unerwarteten, wenn nicht verblüffenden Eigenschaft beobachten. Eine geschlossene Position zu einem Kürzel in einer Fremdwährung weist in MetaTrader 5 stets ein festes, in der Einlagewährung ausgedrücktes Ergebnis auf.

Dieses Ergebnis wird im Moment der Schließung der Position berechnet und hängt von der Anzahl der erworbenen Punkte sowie von dem Wechselkurs ab. Der erste Wert ist immer eine Konstante, er wird im Moment der Schließung bezogen und unterliegt keinerlei Veränderungen. Der Wechselkurs dagegen ist möglicherweise zum Zeitpunkt der Schließung der Position noch veränderlich (nicht festgeschrieben worden). In diesem Fall wird sich der Wert ein und derselben Menge von Punkten bis zur Festschreibung des Wechselkurses ständig ändern.

Anders ausgedrückt, wenn wir eine Position, sagen wir, um 15:00 Uhr geschlossen haben, kann ihr finanzielles Ergebnis nach wie vor leicht schwanken, bis um 18:30 Uhr der Wechselkurs abschließend festgelegt wird! Da MetaTrader 5 den Gewinn zum Zeitpunkt der Schließung fixiert, nimmt der Makler nach der Verrechnung ergänzende Anpassungen vor, bei denen er die Wechselkursdifferenz zwischen dem Zeitpunkt der Schließung der Position und dem der Festlegung des Wechselkurses einrechnet.


2.11. Analyse von Maklermeldungen

Zum Abschluss dieses Kapitels stellen wir einen echten Kontoauszug für einen Handelstag vor und untersuchen ihn. Es handelt sich um eine Meldung des Maklerbüros „Otkrytie“ (Eröffnung).

Kontoauszüge können in dem „Persönlichen Bereich“ auf der Webseite in unterschiedlichen Formaten abgerufen werden, uns genügt ein Auszug im Format PDF.

Er bezieht sich auf den Handelstag 26. 09. 2013. Wir befassen uns etwas eingehender mit ihm:

Abb. 20. Standardkontoauszug des Maklerbüros „Otkrytie“

Abbildung 20. Standardkontoauszug des Maklerbüros „Otkrytie“

Kontoübersicht - Diese Tabelle enthält die zusammengefassten Ergebnisse für den gewünschten Zeitraum, in diesem Fall für einen Handelszeitraum.

Eingangsbestand - Der Kontostand zu Beginn des Handelszeitraums, also um 19:00 Uhr am 25. 09. 2013.

Maklerprovision - Die gesamten Maklerprovisionen berechnet entsprechend den jeweiligen Sätzen der Makler. In unserem Fall entspricht das 0,24 Rubel je abgeschlossenem Vertrag. Die Gesamtzahl der in dem Handelszeitraum abgeschlossenen Verträge beläuft sich auf 239. Somit betrug der Umfang an Maklerprovisionen 239 Verträge à 0,24 Rubel = 57,36 Rubel, was genau dem in dieser Spalte ausgewiesenen Wert entspricht.

Börsenprovision - Gesamtmenge der von der Börse erhobenen Provisionen. Während des Handelszeitraums wurden 15 RTS-12.13- bzw. RIZ3-Verträge ge- und verkauft. Auf jeden abgeschlossenen RIZ3-Vertrag wird für einen spekulativen Abschluss 1 Rubel erhoben und 2 auf jeden nichtspekulativen. Damit ergibt sich gemäß der oben vorgestellten Formel folgender Provisionsumfang für den Abschluss dieser Geschäftsvorgänge:

Provision = 1 Rubel * (15 buy + 15 sell) + absoluter Betrag (15 buy – 15 sell) = 1 Rubel * 30 + 0 = 30 Rubel.

Auf ähnliche Weise lassen sich die Gesamtprovisionen für andere Verträge berechnen. Ihr Gesamtbetrag entspricht dem in dieser Spalte ausgewiesenen Wert: 141,50 Rubel.

Variable Sicherheitsleistung - Der bei der Verrechnung am 26. 09. 2013 um 18:45 Uhr festgesetzte Gewinn oder Verlust. In dem gegebenen Handelszeitraum ist ein Verlust im Umfang von 11.179,80 Rubel eingetreten.

Schlussbestand - Er wird nach folgender Formel berechnet: Eröffnungsbestand + variable Sicherheitsleistung + Maklerprovision + Börsenprovision.

Vorgaben für die Sicherheitsleistung – Im Wesentlichen enthält die Tabelle den Wert des Sicherheitseinbehaltes zur Aufrechterhaltung der aktuellen bereinigten Nettopositionen. Der eigentliche Wert der zu hinterlegenden Pfandmittel wird in der Spalte „Erforderlicher Sicherheitseinbehalt“ ausgewiesen, in unserem Fall beträgt er 64.764 Rubel. Dieser Sicherheitseinbehalt wurde zur Aufrechterhaltung einer kurzen Nettoposition für das Kürzel SRZ3 im Umfang von 63 Verträgen herangezogen. Es ist unschwer zu erkennen, dass der Sicherheitseinbehalt für einen Vertrag 1.028 Rubel betragen hat. Der freibleibende Rest der Mittel wird als Differenz zwischen dem Eröffnungsbestand und dem Sicherheitseinbehalt berechnet. Dieser Betrag wird als Sicherheitsleistung für weitere Geschäftsabschlüsse verwendet.

Eröffnete Positionen - Diese Tabelle beinhaltet die bis zu der aktuellen Verrechnung gebildeten aktiven Nettopositionen. In unserem Fall wurde lediglich eine kurze Nettoposition (Verkaufsposition) zu dem Kürzel SRZ3 im Umfang von 63 Verträgen angelegt. Allerdings führt eine einfache Berechnung der Umfänge aller Abschlüsse zu dem Schluss, dass ihre Nettoumfänge nicht mit unserer Nettoposition übereinstimmen. Insbesondere bestand die Nettoposition mit allen Abschlüssen zu SRZ3 aus 195 Verkaufsverträgen und die zu GZZ3 aus 14 Kaufverträgen, obwohl zu diesem Kürzel keine Position angelegt wurde.

Wohin ist der Umfang dieser Abschlüsse verschwunden? Die Angaben zu den Positionen sind lediglich im Moment ihrer Bildung verfügbar. Somit wird eine heute angelegte Position in SRZ3 in dem morgigen Auszug nicht zu sehen sein, obwohl die variable Sicherheitsleistung zu ihr in dem morgigen Auszug genauso festgelegt wird wie für jeden anderen Abschluss auch. Dasselbe gilt für die am Vortag (25. 09. 2013) gebildeten Positionen. Sie sind einfach nicht zu sehen. Auf diese Weise wurden ältere, in dem Auszug nicht zu sehende Positionen durch einen Teil der heute getätigten Abschlüsse geschlossen. Analytisch können wir uns ausrechnen, dass es auf diesem Konto zu Beginn des aktuellen Handelszeitraums bereits eine eröffnete lange Position zu SRZ3 im Umfang von 132 Verträgen gab: -195 Verträge + x = -63. X = -63 + 195 = 132 Verträge.

Würden wir den Kontoauszug des Vortages (25. 09. 2013) herunterladen, könnten wir sehen, dass in ihm eine neue lange Position im Umfang von 132 SRZ3-Verträgen und sowie eine kurze Position in GZZ3 im Umfang von 14 Verträgen gebildet und auf den aktuellen Handelszeitraum übertragen wurde. Die Berechnung der variablen Sicherheitsleistung für diese „unsichtbaren“ Positionen erfolgt nach den oben dargelegten Regeln, das heißt „von Verrechnung zu Verrechnung“.

Operationen innerhalb des Handelssystems – Dabei handelt es sich um die abschließende Tabelle des Auszugs, die wir uns näher ansehen werden. Sie enthält Angaben zu den in dem aktuellen Handelszeitraum getätigten Abschlüssen. Wir werden nicht alle Abschlüsse aus dieser Tabelle nachrechnen, da uns das Rechenverfahren bereits bekannt ist. Als Beispiel berechnen wir lediglich die variable Sicherheitsleistung zu zwei Abschlüssen, um sicherzugehen, dass unsere Berechnung mit der des Maklers übereinstimmt. Wir führen unsere Berechnungen anhand des jeweils ersten Abschlusses in GZZ3 (mit der Nummer 11442116682) und RIZ3 (11442102223) durch.

GZZ3 - ist ein Terminkontrakt für Gazprom-Aktien im Umfang von 100 Stück. Er ist in Rubel notiert, weswegen keine Umrechnung erforderlich ist. Laut Auszug wurde dieser lange Abschluss zu 14.772 Rubel ausgeführt. Der Verrechnungskurs für den Vertrag wird in der Spalte „Notierung“ mit 14.777 Rubel vermerkt. Vergewissern, dass es sich um genau diesen Kurs handelt, kann man sich unter „Handelsergebnisse“ im Vertragsbereich der Webseite der Moskauer Börse. Dieser Kurs wird dort in der Spalte „Abrechnungskurs“ zu dem jeweiligen Tagesdatum wiedergegeben. Somit betrug die Differenz zwischen Kauf- und Verkaufskurs 5 Punkte: 14.777 - 14.772 = 5 Punkte. Ein Punkt ist gleich einem Rubel, damit entspricht unser Ergebnis für diesen Abschluss einem Plus von 5 Rubel, was auch in der Spalte „Variable Sicherheitsleistung“ zu diesem Abschluss angegeben wird.

RIZ3 - ist ein RTS-indizierter Terminkontrakt mit Barausgleich. Die Berechnung der variablen Sicherheitsleistung für ihn ist etwas komplizierter. Ein Punkt dieses Vertrages entspricht 2 US Dollarcent (0,02 $). Wir berechnen die Differenz zwischen dem Verrechnungskurs und dem Kurs bei Tätigung des Abschlusses: 145.040 - 145.850 = -810 Punkte. Dann multiplizieren wir das Ergebnis mit 2 US Dollarcent: -810 * 0,02 $ = -16,20 $. Der Abschluss hat uns einen Verlust in Höhe von 16,20 $ eingebracht. Jetzt rechnen wir die Dollar in Rubel um, wozu wir den Wechselkurs für den jeweils aktuellen Tag in Erfahrung bringen müssen. Bekanntermaßen kann er unter der Adresse http://moex.com/de/derivatives/currency-rate.aspx abgerufen werden, und 1 Dollar entspricht 32,1995 Rubeln. Wir rechnen das Ergebnis in Rubel um und multiplizieren es mit der Anzahl der erworbenen Verträge: -16,20 $ * 32 * 3 = -1564,8957 Rubel. Dieser Wert entspricht genau dem in dem Kontoauszug des Maklers.


2.12. Automatisierung der Berechnungen

MetaTrader 5 ermöglicht die Erstellung eines eigenen, auf dem Verlauf der abgewickelten Abschlüsse und Aufträge beruhenden Berichtswesens ohne fremde Hilfe hinzuzuziehen. Allerdings wird ein erweitertes Berichtswesen, das beispielsweise Handelsoperationen in Algorithmen unterteilt, in ihm nicht unterstützt. Zudem unterscheidet sich das Berechnungsverfahren in MetaTrader 5 nach wie vor von den Verfahren zur ausgleichenden Verrechnung. Dennoch wurde in MetaTrader 5 vor nicht allzu langer Zeit eine besondere Funktion namens WebRequest() eingeführt.

Mit ihrer Hilfe können für die Plattform MetaTrader 5 entwickelte automatische Handelssysteme Informationen von externen Webservern abrufen, zum Beispiel den Verrechnungskurs und den Wechselkurs unmittelbar von der Webseite der Moskauer Börse. Die Kenntnis dieser Werte ermöglicht die vollständige Automatisierung der Berechnung aller Positionen des jeweiligen Devisenhändlers sowie die gesonderte Ermittlung des finanziellen Ergebnisses für jeden Handelsalgorithmus (jedes automatische Handelssystem) nach dem oben vorgestellten Verfahren.

Das ist eine komplizierte und aufwendige Berechnung. Unter anderem erfordert sie die Abstimmung der Verrechnungszeiträume auf einzelne Handelsoperationen. Dennoch erhalten die Devisenhändler, wenn das erst einmal erledigt ist, ein unglaublich genaues statistisches Instrument, das überdies auch noch eine extreme Anschaulichkeit und Verständlichkeit aufweist- Zweifelsohne wird ein solches Instrument das Interesse weiterer potenzieller Händler für den Terminhandel im Terminhandelsbereich der Moskauer Börse wecken. 


Fazit

Wir haben die Grundfragen der Kursbildung behandelt. Ich hoffe, dass Sie Ihren Kenntnisstand erweitern konnten.

Die von der Verrechnungsstelle der Moskauer Börse vorgenommene Berechnung ist eng mit den Fragen der Kursbildung verwoben. Die Erfassung der Gesamtposition, ihre Übertragung auf den nächsten Handelszeitraum zum Zeitpunkt der Verrechnung, die Ausführung der Abschlüsse sowie ihre Abrechnung zum Verrechnungskurs bilden ein kompliziertes Geflecht aus gegenseitigen Aufrechnungen und der Neuverteilung der Verpflichtungen unter den Marktteilnehmern. Die Darstellung der Nettopositionen und Abschlüsse in MetaTrader 5 schließt organisch an das Verrechnungssystem der Börse an, weshalb man diese Plattform als Grundlage zur Organisation seiner Börsengeschäfte betrachten und es zur Automatisierung des eigenen Handels verwenden kann.

Die Kenntnis der Börsenkursbildung und der Feinheiten der gegenseitigen Aufrechnung zwischen den Marktteilnehmern ebnet uns den Weg zur Schaffung zuverlässiger Handelssysteme zur Arbeit an einer Börse. Außerdem kann die Kenntnis der Kursbildung und ihrer Besonderheiten interessante Untersuchungen auf dem Gebiet der Schaffung einträglicher Handelssysteme anstoßen. Zum Beispiel könnte man die Dynamik des offenen Interesses oder die Gesamtliquidität der Käufer und Verkäufer untersuchen, Gesetzmäßigkeiten finden und versuchen, ausgehend von den vorhergehenden Veränderungen in der Struktur der Verkäufer und Käufer Vorhersagen bezüglich künftiger Kursänderungen abzugeben.

Diese Gedanken sind interessant, ich hoffe, die in diesem Beitrag angerissenen Kenntnisse bilden ein gutes Fundament für ihre weitere Erkundung.